Es gibt gewisse Kindheitserinnerungen, die verblassen nie. So etwa das Glücksgefühl auf einer Schaukel, wenn man scheinbar schwerelos zwischen Himmel und Erde schwingt. Mal das sanfte Wiegen geniesst, mal das kühne Schwingen – bis zum Moment, in dem man eine Sekunde in der Luft stehen bleibt. Dieser Impuls, sich beim Anblick einer Schaukel sofort daraufzusetzen, abzustossen und loszuschwingen, bleibt bei manchen auch im Erwachsenenalter noch erhalten. Kein Grund, sich weiterhin verschämt auf dem Kinderspielplatz auf eine Schaukel zu setzen – denn heute ist das Thema längst nicht mehr nur den Kleinsten vorbehalten. Nicht nur, dass Touristiker Schaukeln an besonders exponierten Orten aufstellen, wie etwa bei der Aktion «Swing the World» im Tessin und weiteren Regionen der Schweiz. Auch die Designer entdecken das Lebensgefühl und lassen sich dazu für Schaukel-Objekte inspirieren. Denn diese sind weniger Spielgeräte, sondern bequeme Sitzgelegenheiten, bei denen man einfach die Beine baumeln lassen kann.
So ganz neu ist das Thema nicht. Der Finne Eero Aarnio entwarf schon 1968 den Bubble Chair – eine hängende Sitzhalbkugel aus Kunststoff. Er hatte die Idee eines transparenten Balls, in den das Licht von allen Seiten eindringen kann. Die Blase aus Acrylglas mit einer Umrandung aus Edelstahl ist längst ein Klassiker und noch immer erhältlich. Richtig populär wurden Hängeschaukeln und -sessel aber erst in den letzten Jahren. Ob es damit zusammenhängt, dass wissenschaftliche Studien die positive Wirkung des Schaukelns belegen? Gut möglich, soll doch das sanfte Schwingen ein Wohlgefühl über das Innenohr auslösen. Dort sitzt das Gleichgewichtsorgan. Durch die Bewegung und den Zustand zwischen Schwerelosigkeit und Erdanziehung wird es stimuliert. Es soll so Stress abbauen, den Muskeltonus verbessern und sogar Schmerzen lindern.
Grosse Auswahl an Modellen
Keine Ausrede mehr, sich kein solches Ding anzuschaffen. Die Palette der Schaukeln ist breit und reicht von einfachen Brettern für unter 100 Franken bis zu ganzen Sitzlandschaften für gut 10 000 Franken. Puristen werden sich schon an einer einfachen Planke mit bunten Seilen erfreuen, wie es sie von Lillagunga gibt. Ebenso schlicht ist das Modell Swing der polnischen Designerin Iwona Kosicka – ein an der Decke aufgehängter Holzring mit etwas breiterer Sitzfläche, in dem man sich beschützt fühlt.
Natürlich ist es bequemer, wenn man sich auf der Schaukel so richtig hinfläzen kann. Rodolfo Dordoni hat sich für die Outdoorkollektion Bitta für Kettal dem Prinzip eines schwebenden Sofas verschrieben. Dieses wird an Seilen, wie man sie von Booten kennt, aufgehängt. Mit den grosszügigen Freischwingern lässt sich das Schaukeln auch gut zu zweit geniessen.
Beim deutschen Gartenmöbel-Hersteller Dedon sind Schaukeln schon fast ein Markenzeichen. Der Designer Stephen Burks hat mit Kida einen organisch geformten Hängesessel entworfen. Der Sessel ist überaus leicht, aber dennoch stabil. Er besteht aus einem pulverbeschichteten Aluminiumrahmen, der mit einer weichen Faser umwickelt ist. Es ist im Übrigen das erste Produkt des Unternehmens, bei dem nicht die speziellen Dedon-Fasern verwendet wurden.
Fast wie ein Kokon sieht die Schaukel Nestrest von Daniel Pouzet (ebenfalls für Dedon) aus. Er liess sich von den kokonartigen Hängenestern der afrikanischen Webervögel inspirieren. Beim südafrikanischen Studio Stirling stand ebenfalls die Natur Pate. Seine Schwingmöbel sehen aus wie Äste, Wolken oder Blätter, wie zum Beispiel das Modell Leaf aus hochpoliertem Aluminium. Hübsch ist auch die Schaukel Arco-Cocoon von Designer Martino Gamper für Moroso. Für die Schaukel, die an ein Vogelnest erinnert, wurden farbige Polyethylenfäden, wie man sie auch für Fischernetze verwendet, in Handarbeit verwoben. Jeder dieser Cocoons sieht deshalb anders aus.
Praktisch ist die Hängeinsel von Hangout Pod, die man bequem überall hin mitnehmen kann. Sie sieht aus wie ein schwebendes Zelt, in dem gleich die ganze Kleinfamilie Platz hat. Wenn man ein Nickerchen machen möchte, zieht man einfach das Netz zu.
Weil sich inzwischen die Grenzen zwischen drinnen und draussen immer mehr auflösen, erstaunt es nicht, dass viele der Designschaukeln auch für die Wohnung geeignet sind. Wer keine Löcher in der Decke wünscht, wählt ein Modell mit Gestell. Der Hängesessel Alba aus Rattan von Beliani ist mit einem freistehenden Metallgestell versehen, das die nötige Stabilität gibt. So kann mit dem schwebenden Korb auch im Wohn- oder Schlafzimmer problemlos eine Ecke zum Schaukeln eingerichtet werden, die bestimmt schon bald zum Lieblingsplatz wird. Auch den schwingenden Sessel Nautica von Expormim aus einem groben Rattangeflecht gibt es mit einem Gestell.
Mehr als nur Sitzgelegenheit
Das Hin- und Herschaukeln soll übrigens auch schlau machen, weil dabei die motorische Entwicklung gefördert werde. Das ist vor allem bei Kindern wichtig, weil die Motorik und die geistige Entwicklung miteinander verknüpft sind. Aber auch den Erwachsenen kann das nicht schaden. Noch ein weiterer Grund spricht fürs Schaukeln: Die sanften Schaukelbewegungen sollen laut einer Studie für einen besseren Schlaf sorgen. Sie bewirken nicht nur, dass man schneller einschlummert, der Schlaf soll dadurch auch tiefer sein. Auch wenn man kaum eine ganze Nacht in einer Schaukel verbringen will, ist doch ein kleines Nickerchen tagsüber ganz angenehm.
Wissenschaftliche Studien belegen die positive Wirkung des Schaukelns. Es soll Stress abbauen, den Muskeltonus verbessern und sogar Schmerzen lindern.