Heute ist es längst Standard, Häuser so zu bauen, dass sie sehr energieeffizient sind oder sogar mehr Energie produzieren, als sie selbst benötigen. In vielen Fällen sorgt die Gebäudetechnik für eine hohe Energieeffizienz und steigert den Komfort. Doch je mehr Technik eingebaut wird, desto grösser ist die Anfälligkeit. Das verursacht Komforteinbussen und mindert gleichzeitig die Effizienz.
Insbesondere die Software von Gebäudetechnikkomponenten ist oft eine Schwachstelle, und die regelmässige Wartung komplexer Anlagen kann teuer werden – vor allem dann, wenn einzelne Komponenten nicht austauschbar sind und somit der Defekt eines Einzelteils zum Ersatz einer ganzen Anlage führt. Es kann aber auch vorkommen, dass keine passenden Ersatzteile mehr verfügbar sind.
Technik gezielt einsetzen
Bei konventionellen Gebäuden verursachen der Unterhalt und die Instandstellung über den gesamten Lebenszyklus bis zu 80 Prozent der Gesamtkosten – also ein Vielfaches der Erstellungskosten. Anders verhält es sich, wenn man auf den Energiebedarf und die Treibhausgasemissionen blickt: Neubauten sind im Betrieb so effizient, dass hier der grösste Teil der grauen Energie und der Emissionen bei der Erstellung und beim Rückbau anfallen. An zweiter Stelle folgen bei einem durchschnittlichen Gebäude der Ausbau und die Technik mit jeweils rund 20 Prozent. Bei Gebäuden, die nach Lowtech-Prinzipien erbaut sind, ist die Technik auf das Nötigste reduziert – damit sinken neben dem Energieverbrauch beim Bauen auch die Lebenszykluskosten.
Wie viel Technik dennoch nötig ist, um den Komfort im Innern zu gewährleisten, hängt vor allem von der Nutzung des Gebäudes, von den Bedürfnissen der zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer und vom Standort ab. Für ein angenehmes Raumklima sorgen hauptsächlich passive Massnahmen wie eine kompakte Bauform, eine hochgedämmte Gebäudehülle, massive Bauteile als Speichermasse, solare Wärmegewinne im Winter, konstruktive Verschattung im Sommer sowie hochwertige Materialien. Natürlich kann bei Bedarf auch eine Heizung eingebaut werden.
Konzept ohne Heizung
Mit einem Minimum an Technik und ganz ohne Heizung, Klimatechnik oder Lüftungsanlage kommt das Büro- und Verwaltungsgebäude «2226 Emmenweid» in Emmenbrücke aus. Baumschlager Eberle Architekten haben es nach dem von ihnen entwickelten 2226-Konzept geplant, nach dem sie bereits weitere Büro- und Wohngebäude realisiert haben. «2226» steht für die Temperaturspanne: Im Innern ist es konstant zwischen 22 und 26 Grad warm.
Für die Temperaturstabilität sorgen beim «2226 Emmenweid» die fast 80 Zentimeter dicken Aussenmauern sowie ein geringer Glasanteil. Durch die raumhohen Fenster gelangt dennoch ausreichend Tageslicht hinein. Jedes Fenster verfügt über einen sensorgesteuerten Lüftungsflügel, über den die hohen Räume gelüftet werden. Bei Hitze öffnen sich die Flügel nachts für eine natürliche Nachtauskühlung. Die Wärme für die Räume stammt von den Menschen, von den Computern und anderen Geräten sowie von der künstlichen Beleuchtung.
Integrale Planung
Da das Raumklima vor allem von konstruktiven Massnahmen bestimmt wird, ist bei Lowtech-Gebäuden die ganzheitliche Planung besonders wichtig. Die baulichen Elemente wie Wandstärken oder Fenster lassen sich nachträglich kaum anpassen, und die reduzierte Technik kann allfällige Planungsfehler nicht ausgleichen.
Um bei der Planung richtig entscheiden zu können, benötigen die Beteiligten verlässliche Informationen. So müssen Bauherrschaft und Planungsteam zu Beginn definieren, was das Gebäude leisten und wie viel Komfort es in der Nutzung bieten muss. In gewissen Fällen ist auch ein Umdenken nötig. So müssen die Nutzer beispielsweise wissen und akzeptieren, dass die Temperatur nicht einfach wie in einem Gebäude mit Klimaanlage abgesenkt werden kann. Daher ist es wichtig, Bauherrschaften und Nutzer bei der Planung gut einzubinden und bei Bezug des Gebäudes zu instruieren.
Massnahmen simulieren
Für die Planung sind auch Klimadaten und Sonnenstandstabellen aufschlussreich, um etwa die Geometrie, die Gebäudehülle und die Verschattung zu optimieren. Mit Simulationen lassen sich die verschiedenen baulichen Massnahmen bereits in einer frühen Projektphase auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen. Auch sollten verschiedene Varianten etwa der Gebäudehülle, der Lüftung und der Wärmeerzeugung hinsichtlich Energie und Wirtschaftlichkeit miteinander verglichen werden, um die beste Lösung zu finden. Dabei wird das Gebäude immer über seinen gesamten Lebenszyklus betrachtet.
Lowtech-Gebäude zu planen bedeutet also auch, gewohnte Verhaltensweisen sowie Planungsprozesse zu ändern, verstärkt integral zu planen und Hilfsmittel wie Gebäudesimulationen zu nutzen. Das Weglassen von Technik macht die Planung aufwendiger und damit teurer. Die Langlebigkeit des Gebäudes sowie die geringeren Betriebs- und Unterhaltskosten machen den Mehraufwand allerdings mehr als wett.
Für ein angenehmes Raumklima sorgen hauptsächlich passive Massnahmen wie eine kompakte Bauform, eine hochgedämmte Gebäudehülle, massive Bauteile als Speichermasse und solare Wärmegewinne im Winter bzw. konstruktive Verschattung im Sommer.