Immobilienmarkt

Eigentumswohnungen bleiben gefragt

Die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden im Stockwerkeigentum ist im letzten Jahr gestiegen – allerdings nicht in allen Regionen, wie die aktuelle Online Home Market Analysis zeigt.

von Adrian A. F. Spiess

MSc Economics, Volkswirtschafter beim HEV Schweiz

von Dr. Rudolf Marty

Stv. Leiter Swiss Real Estate Institute

von Fabian Korn

Communications Manager & Media Spokesperson SMG Swiss Marketplace Group AG

von Prof. Dr. Peter Ilg

Leiter Swiss Real Estate Institute

Im Jahr 2023 war eine Eigentumswohnung im Schweizer Durchschnitt 76 Tage lang inseriert und damit einen Tag kürzer als im Vorjahr, obwohl die Anzahl Inserate gleichzeitig um knapp 20 Prozent auf 83 000 angestiegen ist. Dies zeigt: Gestützt auf die sinkenden langfristigen Zinsen ist die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden im Stockwerkeigentum im letzten Jahr gestiegen – allerdings nicht in allen Regionen. Zu entnehmen ist dies der aktuellen Online Home Market Analysis (OHMA), die am 22. April 2024 publiziert wurde.

Das 2022 um knapp sechs Prozent geschrumpfte Inseratevolumen für Eigentumswohnungen erholte sich 2023 deutlich und verzeichnete mit fast 20 Prozent ein robustes Wachstum. Diese gesamtschweizerische Angebotsausweitung hatte jedoch keine längere Inseratedauer zur Folge – im Gegenteil. Wie oben beschrieben, verringerte sie sich im Vergleich zum Vorjahr um einen Tag, was auf eine Zunahme der Nachfrage nach Eigentumswohnungen schliessen lässt. Der Grund dafür findet sich auch in den gesunkenen Langfristzinsen im Verlauf des letzten Jahres, insbesondere da rund 80 Prozent der Eigenheimbesitzer in der Schweiz ihr Objekt mit Festhypotheken finanzieren. So lag der durchschnittliche Zinssatz für eine fünfjährige Festhypothek noch im 1. Quartal 2023 bei rund 2,9 Prozent, während der Wert Ende 2023 auf rund 2,2 Prozent gesunken ist.

Die kürzesten Ausschreibungszeiten

Während die schweizweite Inseratedauer um einen Tag leicht zurückgegangen ist, stieg sie in acht von elf untersuchten Regionen an. Mit knapp zwei Monaten wiesen die Regionen Zürich und Zentralschweiz erneut die kürzesten Ausschreibungszeiten auf. Diese verlängerten sich aber gegenüber dem Vorjahr um neun Tage in Zürich und um sieben Tage in der Zentralschweiz. Am längsten mussten sich Verkaufswillige in der Region Waadt / Wallis und insbesondere im Tessin gedulden, obschon sich die Inseratedauer 2023 in diesen Regionen reduziert hat: konkret um acht Tage in Waadt / Wallis und sogar um sechszehn Tage im Tessin. Dadurch nahm die Differenz zwischen den Regionen mit der längsten und kürzesten Ausschreibungszeit um rund einen Viertel deutlich ab.

Die Kombination der Veränderungen bei der Inseratedauer sowie der Anzahl Inserate lässt Rückschlüsse auf die Nachfrage zu. Auf dieser Basis zeigt sich einzig für die Region Ostschweiz ein leichter Rückgang der Nachfrage nach Eigentumswohnungen im vergangenen Jahr. Denn während die Anzahl Inserate um rund 15 Prozent angestiegen ist, legte gleichzeitig die Inseratedauer um knapp 20 Prozent zu.

Der grösste Nachfragezuwachs

Zugenommen hat die Nachfrage im Jahr 2023 hingegen insbesondere in den Regionen Waadt / Wallis, Tessin sowie Espace Mittelland. Von diesen verzeichnete die Region Waadt / Wallis den grössten Nachfragezuwachs, da sich die Inseratedauer trotz einer 23-prozentigen Steigerung der Anzahl Inserate um fast zehn Prozent verkürzte. In der Nordwestschweiz bewegten sich die prozentualen Unterschiede in beiden Fällen bei rund 20 Prozent, wodurch die Nachfrage in dieser Region nahezu unverändert blieb.

Für Markus Meier, Direktor des Hauseigentümerverbands Schweiz, zeigen die Resultate der aktuellen Analyse, dass selbstbewohntes Wohneigentum nach wie vor sehr gefragt und der Markt für Eigentumswohnungen in der Schweiz sehr stabil ist. «Es bedarf nun Massnahmen, um sicherzustellen, dass der Mittelstand und insbesondere junge Familien auch in Zukunft Zugang zu Wohneigentum erhalten», betont Markus Meier. Der Wohnungsbau solle erleichtert anstatt durch immer neue Vorschriften und Regulierungen behindert werden, da ein Nachfrageüberhang den Immobilienmarkt zusätzlich und unnötig anheizen würde.

Bauland ist ein knappes Gut

Für Martin Waeber, Managing Director Real Estate bei der SMG Swiss Marketplace Group, zeigen die Resultate der aktuellen OHMA, dass den Schweizer Immobilienmarkt auch weiterhin kaum etwas ins Wanken bringen kann. «Die eigenen vier Wände – ob nun im Stockwerkeigentum oder als Einfamilienhaus – blieben auch 2023 ein Objekt der Begierde für viele», so Waeber. Und weiter führt er aus: «Dass die Nachfrage anhält, ist letztlich auch auf das in der Schweiz besonders knappe Gut, den Grund und Boden, zurückzuführen.» Entsprechend bleibe der Schlüssel zum Erfolg, Verkaufende und Suchende best- und schnellstmöglich zusammen zu bringen.

Mit Blick auf das gestiegene Angebot sagt Waeber: «Dass das Angebot im letzten Jahr gewachsen ist, lässt sich vermutlich auch auf gewisse Nachholeffekte zurückführen, nachdem 2022 weniger Objekte auf den Markt kamen. Damals hatten einige Verkäuferinnen und Verkäufer aufgrund der deutlich gestiegenen Zinsen wohl geringere Chancen für einen guten Verkauf vermutet.»

Knackpunkt variable Hypothekarzinsen

Peter Ilg, Leiter des Swiss Real Estate Instituts, interpretiert die Resultate der neuesten OHMA gerade im Zusammenhang mit dem höheren Zinsniveau wie folgt: «Einerseits ist es erfreulich zu sehen, dass im Schweizer Durchschnitt die Inseratedauer trotz des neuen, höheren Niveaus der Leitzinsen nicht angestiegen ist und die meisten untersuchten Regionen eine robuste bis gar zunehmende Nachfrage aufweisen.» Andererseits, so Ilg weiter, habe der anhaltende Anstieg zumindest noch bei den variablen Hypothekarzinsen in einigen Regionen doch dazu geführt, dass es teilweise deutlich mehr Geduld brauche, um eine Eigentumswohnung verkaufen zu können. «Wie sich die jüngste Leitzinssenkung von März 2024 auf die Nachfrage auswirken wird, dürfte auch davon abhängen, wie stark sich diese Leitzinssenkung auf die langfristigen Zinsen und damit auf die Fest-Hypotheken auswirken wird.»

Über die Studie

Bei der Online Home Market Analysis (OHMA) handelt es sich um eine halbjährlich erscheinende Analyse, die alternierend den Markt für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser betrachtet. Der HEV Schweiz sowie ImmoScout24 publizieren die Analyse in Zusammenarbeit mit dem Swiss Real Estate Institute der Hochschule für Wirtschaft Zürich.