Heizen

Die Photovoltaikanlage selbst montieren – nichts einfacher als das!

Selbstbaugenossenschaften unterstützen Eigenheimbesitzer bei der Realisierung der eigenen Photovoltaikanlage.

von Thomas Ammann

dipl. Arch. FH

Es wuselt auf der Baustelle an diesem Samstagvormittag. Bei schönstem Sonnenschein legt die ganze Familie Hand an und hilft beim Montieren der Photovoltaikmodule. Schwager, Neffen und Nichten packen an, bringen die Module herbei, schliessen diese an und verschrauben sie auf den vorbereiteten Montageschienen.

Die Erbengemeinschaft, bestehend aus drei Schwestern, besitzt ein Mehrfamilienhaus in der Stadt Zürich. Nach den ersten Erneuerungsetappen und dem Ersatz der Ölheizung durch eine Wärmepumpe soll mit der Montage der Photovoltaikanlage der vorerst letzte Erneuerungsschritt getätigt werden. Nicht nur, aber auch aus Kostengründen sollte hier so viel wie möglich im Selbstbau erfolgen.

Begleitung durch Selbstbaugenossenschaft

Ganz alleine wollten die drei Schwestern das Projekt nicht angehen und haben sich deshalb an die Energiewendegenossenschaft Region Winterthur gewendet. Ruedi Walther ist dort als Projektleiter tätig und hat das Objekt in Zürich begleitet. «Im Normalfall betreuen wir nur Projekte, die für die Selbstbauer innerhalb einer halben Stunde erreichbar sind», erklärt Walther. Aufgrund familiärer Bande sei dieses Projekt aber trotzdem durch ihn betreut worden. 

Auf Anfrage von Eigentümern erstellt der Projektleiter seitens Genossenschaft eine Richtofferte für die Photovoltaikanlage. Bei weiter bestehendem Interesse wird eine definitive Offerte erstellt. Diese beinhaltet sämtliche Arbeiten durch Dritte und die eigentliche Anlage. Alle Arbeiten, die sicherheitsrelevant sind, werden durch Profis ausgeführt. Dies betrifft das Aufstellen des Gerüstes und der Absturzsicherungen sowie die Starkstrominstallationen.

Beim Mehrfamilienhaus in Zürich wurde gleichzeitig das Flachdach saniert und energetisch verbessert. Dies hatte den Vorteil, dass die Wannen für die Montageschienen auf das neue Dach gestellt und mit Kies beschwert werden konnten. Die Photovoltaikanlage ist dadurch gut befestigt, ohne dass eine Montage durch die Dachhaut nötig war.

Die Selbstbauerinnen und Selbstbauer übernahmen bei diesen Arbeiten das Setzen der Wannen und die Montage der Schienen. Die restlichen Arbeiten am Dach und das Verteilen der 15 Tonnen Kies wurden durch Dachdecker und Spengler ausgeführt. Wieder zum Zug kamen die Selbstbauer bei der Montage und Verkabelung der Optimizer. Pro zwei Panels wurde ein Optimizer montiert (bei kleineren Anlagen jeweils ein Optimizer pro Panel), der dafür sorgt, dass bei parziellen Verschattungen die nächsten Module in der Reihe weiter Strom produzieren.

Zurück auf die Baustelle und den heutigen Tag: Die Befestigung der Module erfolgt mittels Klemmen, die auf die Montageschienen geschraubt werden. Nach ein paar Modulen kontrolliert Walther jeweils mit dem Messgerät die Spannung. «Pro Optimizer wird 1 Volt Spannung erzeugt. Die Anzahl angeschlossener Optimizer ergibt die Spannung, die angezeigt werden sollte», erklärt Walther den Test, der aufzeigt, ob die Module auch richtig verbunden sind.

Anteil Eigenleistung selbst bestimmen

Entscheidet sich ein Eigentümer, mit einer Selbstbaugenossenschaft zu arbeiten, muss er zuerst Genossenschafter werden. Seitens der Genossenschaft wird ihm dann ein Projektbegleiter zur Seite gestellt. Dieser plant die Arbeiten, organisiert die benötigten Handwerker und holt die notwendigen Bewilligungen ein.

Basierend auf der Offerte kann der Eigentümer entscheiden, welchen Anteil er in Form von Arbeitsstunden beitragen oder der Genossenschaft vergüten will. Die Mitarbeit an der eigenen Anlage dauert zwei bis drei Tage. Unterstützt wird der Eigentümer durch weitere Genossenschafter, oder er bietet Familie und Freunde zur Mithilfe auf.

Die durch die Genossenschafter geleisteten Stunden auf dem eigenen Dach können im Fall der Energiewendegenossenschaft Winterthur mit Fr. 70.– pro Stunde bezahlt werden, oder sie werden in Form von Arbeitsleistung bei weiteren Projekten abgearbeitet. Hierfür ist mit weiteren sechs bis acht Arbeitstagen zu rechnen. Die Photovoltaikanlage wird durch die Genossenschaft geliefert, ebenso das Werkzeug und Kleinmaterial.

«Meist sorgt der Eigentümer für die Verpflegung der Helfer, und so sitzt man auch nach der Arbeit noch gemütlich beisammen», beschreibt Walther die gute Stimmung auf und neben der Baustelle. Mithelfen können alle, die über ein wenig handwerkliches Geschick verfügen. Auf der Website der Selbstbaugenossenschaften wird die Fähigkeit, ein IKEA-Möbel zusammenbauen zu können, als ausreichend beschrieben. Angeleitet werden die Selbstbauer jedoch nicht durch eine schwedische Bedienungsanleitung, sondern durch einen Projektbegleiter. Dieser ist entweder vom Fach, oder er wurde durch die Selbstbaugenossenschaft ausgebildet. Die Energiewendegenossenschaft Region Winterthur hat so in den letzten drei Jahren in rund 4500 Stunden Eigenleistung über 100 Anlagen realisiert, die gesamthaft 1 Megawatt Leistung erbringen.

In der Zwischenzeit ist es auf der Baustelle in Zürich Mittag geworden. Sämtliche Photovoltaikmodule sind verlegt, befestigt und angeschlossen – Zeit für ein gemeinsames Mittagessen und fürs Anstossen auf eine weitere Photovoltaikanlage, die realisiert werden konnte.

Photovoltaikanlagen

Ab dem 1. April 2021 gelten neue Fördersätze für Photovoltaikanlagen. Die Grundbeiträge je Anlage werden gesenkt. Hingegen steigen die Leistungsbeiträge für kleine Anlagen bis 30 kW leicht an. Für Anlagen zwischen 10 und 30 kW bedeutet dies, dass die Fördersumme gleich bleibt oder gar ansteigt. Dies ist ein klares Signal, dass Photovoltaikanlagen nicht nur auf den minimalen Eigenverbrauch ausgelegt werden sollen, sondern dass möglichst die ganze Dachfläche auszufüllen ist. 

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Selbstbaugenossenschaften

Bereits zehn regionale Selbstbaugenossenschaften bieten in allen Landesteilen Unterstützung für interessierte Eigentümer an, die sich ihre Photovoltaikanlage selbst bauen wollen. Die Schweizerische Vereinigung für Sonnenenergie führt zudem Kurse und Informationsveranstaltungen zum 

Selbstbau durch. Weitere Informationen sind unter www.sses.ch/selbstbau  und www.selbstbau.ch zu finden.

 

Solarstrom, auch ohne eigenes Dach

Auch ohne eigenes Dach gibt es viele Möglichkeiten, sich an Photovoltaikanlagen zu beteiligen oder im Kleinen selbst Strom zu produzieren. Was EnergieSchweiz für Mieter in einem Merkblatt zusammengestellt hat, gilt natürlich gleichermassen für Immobilieneigentümer. Weitere Informationen unter: www.energieschweiz.ch/mieterinnen-solar