Eigenheimfinanzierung

Den richtigen Hypothekaranbieter finden

Wohneigentümer, die eine neue Hypothek abschliessen möchten, können unter verschiedenen Anbietern auswählen.

von Gabrielle Wanzenried

Haute Ecole d’Ingénierie et de Gestion du Canton de Vaud, Hochschule Westschweiz HES-SO

Der Kauf eines Hauses oder einer Wohnung und der damit verbundene Abschluss einer Hypothek stellt für Haushalte eine zentrale finanzielle Entscheidung dar. Obwohl die Wohneigentumsquote in der Schweiz mit knapp 40 % bemerkenswert niedrig ist, erweist sich der Schweizer Hypothekarmarkt mit 1,07 Billionen Franken und fast 150 % des nominalen BIP als einer der grössten der Welt.

Seit einigen Jahren ist auf dem bis anhin traditionell durch die Banken dominierten Hypothekarmarkt der Schweiz eine gewisse Dynamik zu verzeichnen. Auch wenn die Banken als Hypothekaranbieter weiterhin mit rund 95 % des Marktvolumens an erster Stelle stehen, können Wohneigentümer in der Schweiz unterdessen von alternativen Anbietern wie Pensionskassen, Anlagestiftungen, Versicherungen, Plattformen sowie weiteren innovativen Angeboten zur Eigenkapitalüberbrückung profitieren. Diese Entwicklungen hängen einerseits mit dem tiefen Zinsniveau zusammen, das insbesondere für Pensionskassen und Versicherungen das Hypothekargeschäft interessant macht, und andererseits dem technologischen Fortschritt, der digitale Angebote und insbesondere auch Plattformlösungen ermöglicht.

Hypothekaranbieter im Vergleich

Die Vorteile der Banken als Hypothekaranbieter liegen in der persönlichen Beratung und dem Angebot von flexiblen Lösungen, was insbesondere bei komplexen Geschäften einen Vorteil darstellt. Das Hypothekargeschäft gehört zu den Kernkompetenzen der Banken: Sie entwickeln eigene Produkte, vertreiben diese über eigene Kanäle und bieten gezielte Beratung dafür an. Rund 75 % aller Bankkredite sind Hypothekarkredite. Entsprechend hoch ist auch die Beratungskompetenz. Im Gegensatz zur Mehrzahl alternativer Anbieter bieten Banken auch für Neu- und Umbauten sowie grössere Sanierungen Finanzierungen an. Banken und insbesondere die Hausbank geniessen ein hohes Vertrauen bei den Schweizerinnen und Schweizern, was gerade auch bei Finanzierungsentscheiden von grosser Tragweite einen entscheidenden Faktor darstellt. Bei der Hausbank besteht für den Kunden zudem der Vorteil, dass aufgrund der bestehenden Geschäftsbeziehung von administrativen Erleichterungen profitiert werden kann.

Pensionskassen, Anlagestiftungen und Versicherungen bieten im Vergleich zu Banken für langfristige Festhypotheken oft bessere Zinskonditionen an. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sie sich nicht auf dem Geldmarkt refinanzieren müssen. Gerade auch das Tiefzinsumfeld stellt für diese Anbieter eine interessante Marktsituation dar und hat deren Markteintritt gefördert. Typischerweise legen diese Anbieter jedoch den Fokus auf geringe Risiken und sind an Kreditvergaben mit tiefen Belehnungen und tiefer Tragbarkeit (Verhältnis der Kosten der kalkulatorischen Zinsen, der Amortisation sowie der Unterhalts- und Nebenkosten zum jährlichen Haushaltseinkommen) interessiert. Auch bei diesen Anbietern sind in der Regel unterdessen alle gängigen Hypothekarprodukte erhältlich, das heisst einerseits Festhypotheken – sie machen insgesamt den grössten Teil der Abschlüsse aus, und die Anbieter können aufgrund des Geschäftsmodells bei langfristigen Laufzeiten die besten Angebote machen –, aber auch variable Hypotheken sowie die kurzfristigen Saron-Hypotheken zählen zum Angebot. Wie das auch bei der Bank der Fall ist, lassen sich die Zinssätze verhandeln. In der Regel laufen die Prozesse online ab.

Währendem in Deutschland 30 bis 40 % des Marktes auf Plattformen fällt, ist der Anteil an Onlinehypotheken in der Schweiz mit 3 bis 5 % noch gering, jedoch stark steigend. Das Verdrängen der klassischen Anbieter durch Plattformen wie zum Beispiel Valuu, Hypoplus, Key4 by UBS oder MoneyPark lässt sich auch in anderen Industrien beobachten, so beispielsweise in der Reisebranche. Das Geschäftsmodell basiert auf Transparenz und Vergleichbarkeit, was gerade bei sogenannten Commodity-Produkten, zu denen Hypotheken gehören, Vorteile bietet. Weil der Abschluss einer Hypothek jedoch auch viel Vertrauen in die entsprechende Institution bedingt, braucht es Zeit, bis sich die Gewohnheiten der Schweizerinnen und Schweizer ändern. Bei den Plattformen machen verschiedene Investoren wie Pensionskassen, Versicherungen oder auch Banken Angebote, und der Kunde kann dann aus einzelnen Angeboten auswählen. Der Kunde ist in erster Linie am Zinsangebot und nicht an der Herkunft des Geldes interessiert. Die Plattform ermöglicht es dem Kunden, den Suchaufwand zum Erhalt normierter und damit vergleichbarer Angebote zu reduzieren. Der Abschluss einer Hypothek über eine Plattform läuft online ab, folglich besteht bei den Konditionen auch kein Verhandlungsspielraum.

Der Marktanteil von Onlinehypotheken ist in der Schweiz noch gering.

Die wichtigsten Unterschiede

Banken

Hohe Beratungskompetenz, da Hypotheken zum Kerngeschäft gehören

Flexible Lösungen, auch geeignet bei Bau- und Umbauprojekten

Zinsen können verhandelt werden

 

Pensionskassen, Anlagestiftungen und Versicherungen

Interessiert an guten Risiken, es besteht Verhandlungsspielraum

Gute Konditionen für langfristige Festhypotheken

Keine Baukredite, deshalb ungeeignet für Bau- und Umbauprojekte

 

Plattformen

Erhöhen die Markttransparenz, indem der Suchaufwand verkleinert wird

Prozesse laufen online ab

Die Angebote sind nicht verhandelbar, wobei der Vergleich oft Einsparmöglichkeiten aufzeigt

Grosses Wachstumspotenzial

Hypothekarwahlverhalten Schweizer Haushalte – Teil 1

Dieser Artikel basiert unter anderem auf Erkenntnissen eines Forschungsprojektes der Hochschule Westschweiz HES-SO zum Hypothekarwahlverhalten privater Haushalte in der Schweiz.

In diesem ersten Teil wird auf die Anbieterseite eingegangen. Im zweiten Teil, der am 1. Dezember 2022 erscheint, wird über die Präferenzen der Haushalte und ihr Hypothekarwahlverhalten eingegangen. Hier finden Sie den zweiten Teil mit dem Titel «Wie wählen Schweizer Haushalte ihren Hypothekaranbieter aus?»