«Vor diesem Sommer haben wir uns als Eigentümerschaft kaum mit unserem Dach beschäftigt. Ich glaube, ich wusste nicht einmal genau, welche Farbe die Ziegel haben», sagt André Egli. Mit seiner Frau Esther und zwei Töchtern bewohnt er ein Einfamilienhaus aus den frühen 1980er-Jahren im Sedelboden-Quartier in Wolhusen. Auf dem alten Dach war eine rund 15-jährige Solarthermieanlage montiert.
Dramatische Szenen
Am Abend des 27. Juni 2021 stand das Paar in der Küche, als plötzlich die ersten pingpongballgrossen Hagelkörner niedergingen. André Egli rannte ins Freie, um das vor der Garage parkierte Auto in Schutz zu bringen. «Da hörte ich es im Obergeschoss knallen und merkte: Jetzt gehen die Ziegel und Dachfenster kaputt», sagt Esther Egli. Sie warf alle verfügbaren Decken und Frotteetücher auf den Boden der Dachzimmer, damit diese soviel Wasser wie möglich aufsaugten. Ungefähr zehn Minuten später war der Spuk vorbei. Erst jetzt realisierten Eglis, dass nicht nur ihr eigenes Dach, sondern alle Dächer im Quartier verwüstet waren. Die Gärten waren übersät mit Scherben von Scheiben, Ziegeln und Photovoltaikanlagen.
Auf den ersten Schock folgte eine schnelle Reaktion: Ein befreundeter Dachdecker wurde aufgeboten, und schon wenige Stunden später war Eglis Dach provisorisch mit Blachen abgedeckt. Doch die Probleme reichten tiefer: Nebst den Ziegeln war auch die Unterdachfolie durch den massiven Hagelsturm zerstört worden. Dank des provisorischen Schutzes drang glücklicherweise nur wenig Wasser ins Haus. «Der erste Reflex ist natürlich: Alles so schnell wie möglich zu flicken und dicht zu machen sowie den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Man möchte es wieder so haben, wie früher», sagt Esther Egli. Diese Option sei durchaus im Raum gestanden, sagt André Egli: «Wir hatten uns allerdings schon vorher Gedanken gemacht, welche Arbeiten beim Haus anstehen. In einigen Jahren möchten wir zudem auf ein Elektrofahrzeug umsteigen und die bestehende Ölheizung mit einer Wärmepumpe ersetzen.»
Neue Aufdachanlage
Diese Ideen diskutierten Eglis mit Adrian Renggli. Der Geschäftsführer der Gebäudetechnik- und Solarfirma Jost Renggli AG wohnt im selben Quartier. «Da wir für den Ersatz der thermischen Solaranlage ohnehin auf das Dach mussten und die Eigenstromproduktion ein Thema ist, war es sehr naheliegend, auch gleich eine Photovoltaik-Anlage zu installieren», sagt Renggli. Anstelle der alten Solarthermieanlage mit einer Jahresleistung von ungefähr 9500 kWh wurden unterhalb der Firstkante 10 neue Module installiert. Deren Jahresleistung erreicht ungefähr 11 000 kWh. Ergänzt werden sie durch 20 Photovoltaik-Module mit einer Jahresleistung von gut 10 300 kWh. Als zweiter Ausbauschritt ist eine PV-Anlage für das Garagengebäude neben dem Haus vorgesehen. Auf dessen Flachdach kann mit einer Ost-West-Anlage eine zusätzliche Jahresleistung von ungefähr 6800 kWh installiert werden.
Den Solarstrom vom eigenen Dach nutzt die Familie Egli für den Eigenverbrauch, Überschüsse werden ins Netz eingespeist. In der Zwischensaison dient die Solarthermie der Heizungsunterstützung, im Sommer wird sie mehrheitlich für die Poolheizung genutzt. «Wenn wir auf eine Wärmepumpe umsteigen und in der Garage eine Ladestation mit Speichermöglichkeit installieren, können wir noch viel mehr Eigenstrom nutzen. Das ist eine tolle Sache und liegt für uns auf der Hand», sagt André Egli. Als «Glück im Unglück» bezeichnet er die vorgezogene Dachsanierung. Das Steildach wurde aufgedämmt und mit einer neuen Unterdachfolie versehen und die Energieeffizienz der Gebäudehülle damit deutlich verbessert. Die neuen Dachfenster sind etwas grösser und bringen damit auch mehr Licht in die Räume. Und nicht zuletzt konnte im gleichen Zug auch die neue PV-Anlage installiert werden.
Synergien genutzt
«Verschiedene Dacharbeiten zu kombinieren, ist natürlich ausgesprochen sinnvoll. Das Fassadengerüst braucht man sowieso, wenn das Ziegeldach erneuert wird. Bei dieser Gelegenheit auch noch gleich eine Solarthermie- und Photovoltaikanlage einzubauen, ist finanziell natürlich attraktiv», sagt Adrian Renggli. Ein bisschen bedauere er, dass nicht viel mehr vom Hagelzug betroffene Eigentümerschaften die Chance gepackt hätten: «Ich denke, auf dem einen oder anderen Dach hätte man auch gleich eine Solaranlage installieren können. Doch das braucht genügend finanziellen Spielraum, und vor allem benötigen solche Projekte ein bisschen Vorlaufzeit, damit man sich alles überlegen kann. Im ersten «Chlupf» nach einem solchen Unwetter möchte man einfach alles wieder in Ordnung haben, das verstehe ich sehr gut.»
Auch die Indach-Photovoltaik-Anlage auf Adrian Rengglis Haus wurde vollständig zerstört. Wie bei der Familie Egli wird Renggli als Ersatz eine Aufdach-Anlage montieren. Dafür sprechen aus seiner Sicht verschiedene Gründe: «Aufdach-Anlagen sind dank des Abstandes zum Ziegeldach besser hinterlüftet, das steigert die Gesamtleistung und Effizienz, gerade auch im Sommer. Zweitens hat man mit den PV-Modulen und der Dachhaut zwei wasserführende Schichten, nicht nur eine.» Bei Eglis Haus kam hinzu, dass sich neben den beiden Fenstern auch ein Kamin auf der Dachfläche befindet. «Das ist dann nicht so homogen wie bei einem Neubau, man braucht zahlreiche Rand- und Übergangsbleche, was nicht so toll aussieht und bei Reparaturen sehr aufwendig wird», sagt Renggli.
Zum Glück versichert
Die Schäden an Dach, Fenstern und der alten Solarthermieanlage übernimmt die Gebäudeversicherung Luzern. Auch die neue PV-Anlage ist dort versichert. «Photovoltaikanlagen werden von den Gebäudeversicherungen gedeckt, die Mehrprämie ist meistens sehr bescheiden. Allerdings muss man die Anlage extra anmelden, sonst ist sie nicht versichert», sagt Adrian Renggli.
Wie sieht die Dachsanierung inklusive PV-Anlage eigentlich aus finanzieller Sicht aus? André Egli, ausgebildeter Treuhänder, lacht kurz und sagt: «Wir haben das nicht bis auf den letzten Franken durchgerechnet. Ich werde oft nach der Amortisation dieser Anlage gefragt. Doch den eigenen Strom zu produzieren und zu nutzen, ist auch eine gelebte Haltung. Wir möchten dies aus persönlichem Antrieb machen, auch wenn wir die mathematisch korrekte Amortisationsrechnung nicht gemacht haben.» Esther Egli ergänzt: «So wie früher wird es nicht funktionieren. Für uns ist klar, dass wir etwas an die Zukunft beitragen wollen.» Auch wenn die Schlussabrechnung noch aussteht, ist eines klar: Mit ihrer Dachsanierung haben Eglis nicht nur das Beste aus einer unglücklichen Situation herausgeholt, sondern auch langfristig den Wert ihrer Immobilie gesteigert.
Schäden an Solartechnik
Nach den verheerenden Hagelgewittern vom Sommer 2021 haben sich verschiedene Eigentümerinnen und Eigentümer mit ihren Fragen beim HEV gemeldet: Wie gut sind PV- oder Solarthermieanlagen gegen Hagel geschützt? Wie bemerkt man Störungen oder Ausfälle der Anlagen, und wer kann im Schadenfall weiterhelfen? Mit diesem ersten Teil wird exemplarisch gezeigt, wie ein Schadenfall den Anstoss zu einer Sanierung geben kann. Im zweiten Teil (in einer der nächsten Ausgaben) stehen technische Aspekte und konkrete Tipps für Eigentümerinnen und Eigentümer im Fokus.