Dörrobstmotte

Das grosse Krabbeln im Chuchichästli

Küche Wenn es in Haferflocken- und Apfelringlipackungen krabbelt und flattert, ist das unangenehm. Dörrobstmotten wird man nur mit Geduld und Konsequenz wieder los. Wir erklären, wie man einen Befall erkennt – und die Motten wieder loswird.

von Alexandra von Ascheraden

Journalistin

Wer nicht nur das Nötigste im Haus hat, sondern sorgfältige Vorratshaltung betreibt, kennt das Problem vielleicht. Dörrobstmotten (Plodia interpunctella) sind ausgesprochen lästige Mitbewohner. Es hat nichts mit mangelnder Hygiene zu tun, wenn es in der Griespackung oder dem Reispäckli plötzlich zu wuseln anfängt. Meist befinden sich die Eier bereits in den Lebensmitteln, wenn man sie im Laden kauft.

Die Motten lassen sich so gut wie alles schmecken, was pflanzlichen Ursprungs ist – Getreide, Haferflocken, Nüsse, getrocknete Pilze und auch die Trockenfrüchte, die ihnen den Namen eingebracht haben. Ebenso stehen Nagetier- und Vogelfutter, Trockenfutter für Katzen oder Hundeflocken auf dem Speiseplan. Da Tiernahrung weniger streng kontrolliert werden muss, ist es sogar eine recht häufige Befallsquelle.

Je wärmer es ist, desto schneller entwickeln sich die Raupen. Bei 25 °C dauert die vollständige Entwicklung vom Ei bis zum Falter ca. 42 Tage. Sie sitzen ja schon mitten im Schlaraffenland, müssen keine Feinde fürchten und nichts als in aller Ruhe fressen. Die Raupen durchlaufen meist fünf Häutungen. Erst wenn es an die Verpuppung geht, verlassen sie die Packung, um sich ein passendes Versteck für diese nächste Entwicklungsphase zu suchen.

Auffällige Gespinstklumpen

Am häufigsten fällt daher ein Befall auf, wenn sich Dutzende Raupen auf die Suche nach einem Verpuppungsplatz machen und dazu ihre Verstecke verlassen. Oder wenn man eine befallene Packung öffnet und auf seltsame Gespinste stösst, die etwa Reiskörner zu langen Gebilden verbinden (siehe Bild). Da hilft nur, die komplette Packung sofort nach draussen in den Mülleimer zu bringen.

Marcus Schmidt von der Beratungsstelle Schädlingsbekämpfung UGZ der Stadt Zürich erhält immer wieder Anrufe von Leuten, die Rat suchen, wie sie die Dörrobstmotten wieder loswerden. Er betont: «Wenn man den Befall erst bemerkt, wenn bereits geschlüpfte Falter herumflattern, oder sich fertig entwickelten Raupen auf dem Weg zum Verpuppungsort ertappen lassen, hilft nur noch entschlossenes Handeln. Dann muss man davon ausgehen, dass bereits viele ihrer Geschwister unbemerkt hinter die Küchenverkleidungen gekrochen sind und sich dort bereits verpuppt haben.» Das Problem sei in solchen Fällen deutlich grösser, als es auf den ersten Blick scheine. Die Falter schlüpfen nach ein bis zwei Wochen. Je wärmer es ist, desto schneller entwickeln sie sich.

Achtung Diapause

Wichtig zu wissen: Bei ungünstigen, tiefen Temperaturen oder kurzen Tagen im Herbst gehen verpuppte Dörrobstmotten teilweise in eine Winterruhe (Diapause). Erst höhere Temperaturen oder längere Tage im Frühling lassen sie die Verwandlung zum Falter in der Puppe abschliessen. Wenn man also im Herbst einen Befall hatte, kommt es oft vor, dass nach einer ruhigen Winterperiode Mitte März plötzlich wieder Falter auftauchen. Meist sind diese nicht neu eingeschleppt. Es handelt sich vermutlich um Falter, die aus überwinternden Puppen vom letzten Herbst geschlüpft sind.

Abhilfe schaffen

Wie wird man die Schädlinge wieder los? Da hilft nur: Ärmel hochkrempeln und den kompletten Lebensmittelvorrat kontrollieren. Das schliesst leider sämtliche unversehrt scheinenden Originalverpackungen mit ein. Zellophansäcke etwa können die Larven problemlos durchbeissen oder durch winzige Ritzen im Klebefalz von Pappkartons schlüpfen. Bei der Gelegenheit sollte man auch gleich die Schränke auswischen.

Wer den Befall ein für allemal loswerden will, sollte anschliessend einen Grosseinkauf geeigneter Vorratsgefässe starten. Alles Ungezieferfreie findet in Einmachgläsern mit Gummiring oder gut schliessenden Plastikdosen mit Gummidichtung sichere Zuflucht. Durch alles andere kommen die in den kommenden Wochen noch aus ihren Verpuppungsverstecken schlüpfenden Motten durch, und dann geht das Spiel von Neuem los. Da die Falter erst nach Wochen schlüpfen, muss man auch nach dieser Grossaktion noch mehrere Wochen lang aufmerksam bleiben. Die Weibchen der Dörrobstmotte lassen sich gern längere Zeit regungslos an senkrechten Flächen nieder, wo sie mit ihren Pheromonen Männchen anlocken. Die Fliegenklatsche oder den Staubsauger sollte man stets griffbereit haben.

Duftfallen bringen wenig

Von Pheromonfallen aus der Drogerie hält Schmidt von der Beratungsstelle Schädlingsbekämpfung UGZ der Stadt Zürich dagegen wenig. Pheromone sind artspezifische Geruchsstoffe, die von Insektenweibchen abgesondert werden, um die Männchen anzulocken. Diese sind bei diesen Fallen auf einer Leimplatte ausgebracht, auf der die angelockten Männchen dann festkleben. Die Idee dahinter ist, dass auf diese Weise alle Männchen auf der Falle kleben und die Weibchen unbegattet bleiben. So soll die Eiablage der nächsten Generation verhindert werden. Klingt gut. Schmidt zweifelt jedoch stark am durchschlagenden Erfolg dieser so bequem scheinenden Massnahme: «Wenn ein Weibchen näher ist als die Falle, ist es längst begattet, bevor das Männchen auf die Falle trifft. Vor allem aber: Bei Windstille wirkt eine Falle auf etwa 15 Meter Distanz. Wenn Sie das Küchenfenster offen stehen lassen, locken Sie damit sogar noch von draussen weitere Männchen an. Das kann es nicht sein.»

Kein Hinweis auf mangelnde Hygiene

Die sinnvolle Bekämpfung von Dörrobstmotten ist nicht mit ein paar gekauften Leimplatten möglich. Sie bleibt mühsame Handarbeit. Marcus Schmidt will noch einen Punkt besonders festhalten: «Dörrobstmotten sind in der Schweiz der häufigste Vorratsschädling im Wohnbereich. Sie sind kein Hinweis auf Unsauberkeit oder darauf, dass die Vorräte überlagert sind.» Sie kommen nur ins Haus, wenn Lebensmittel beim Einkauf mit Eiern befallen waren. Die Motten können sich nämlich im Freiland gar nicht vermehren.

Schmidt hat einen einfachen Rat: Vorräte in geeigneten Gefässen lagern und von allem anderen nur so viel kaufen, wie man innerhalb von vier Wochen verbrauchen kann. Nusspackungen oder Trockenfrüchte kann man auch im Kühlschrank oder Tiefkühler lagern. Das verzögert die Entwicklung der Raupen.

«Wenn man den Befall erst bemerkt, wenn bereits geschlüpfte Falter herumflattern oder sich fertig entwickelte Raupen auf dem Weg zum Verpuppungsort ertappen lassen, hilft nur noch entschlossenes Handeln.»

Marcus Schmidt, Beratungsstelle Schädlingsbekämpfung UGZ der Stadt Zürich

Steckbrief und Verwechslungsgefahr

Die Dörrobstmotte ist mit 12 mm Länge und einer Flügelspannweite von 15 bis 20 mm recht gross. Ihre vordere Flügelhälfte ist silbergrau, die hintere rotbraun gefärbt. Ihre gelbweissen Larven sind je nach Entwicklungsstadium zwischen 1,5 und 15 mm lang.

 

Die Falter leben bei 25 °C etwa zwei Wochen. Die begatteten Weibchen können in dieser Zeit 200 bis 400 Eier an offene Nahrungsmittel oder an Verpackungen ablegen.