Ausflüge

Amazonas: Eintauchen in den grössten Regenwald der Erde

Reisereportage Das Amazonasgebiet bedeckt mit seinem Regenwald 6,7 Millionen Quadratkilometer und speichert fast 20 Prozent des weltweiten Süsswassers. Eine Begegnung mit der Metropole Manaus und seltenen Tierarten.

von Reto E. Wild

Journalist BR und Tourismusexperte

Das Amazonasgebiet beherbergt die grösste verbliebene Regenwaldfläche der Erde. Der Hauptanteil liegt in Brasilien – mit einer Fläche, die grösser ist als Westeuropa. Zehn Prozent aller weltweiten Tierarten haben hier ihr Zuhause. Mehr als 80 Prozent der ursprünglichen Fläche des Amazonas-Regenwaldes befinden sich laut WWF Schweiz in einem guten Zustand. Doch beinahe 20 Prozent des Waldes sind zerstört.

Mitten in diesem Regenwald wurde Manaus gebaut. Hotels wechseln sich ab mit Wohnsiedlungen, und dazwischen erheben sich ein paar Wolkenkratzer. In der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas – dreieinhalb Flugstunden nordwestlich von São Paulo – leben über zwei Millionen Menschen. Einen Grund muss es also geben, dass so viele mitten im Nirgendwo wohnen, an einem Ort, der nur aus der Luft oder über den gleichnamigen Fluss erreichbar ist. Ein wichtiger heisst Gummibäume. Zwischen 1870 und 1910 erlebte die Stadt am Amazonas-Nebenfluss Rio Negro einen Kautschukboom. Dieser Umstand machte sie zu einer der reichsten Metropolen der Welt.

Wer heute der einstigen Prachtstrasse Eduardo Ribeiro entlangschlendert, die vom weltbekannten Opernhaus zum Hafen führt, sieht vom damaligen Reichtum nicht mehr viel. Ein paar Meter Schienen erinnern daran, dass hier einst ein Tram gefahren ist. Imbissbuden werben für ihre Leckereien, Uhrenmechaniker bieten ihre Dienste an Ständen an, Verkäufer haben Handyhüllen oder Früchte aus dem Amazonas wie die Superfood-Beere Acai im Angebot.

Endloser Urwald & mächtige Flüsse

Der Schweizer Peter Rolf Hagnauer, der vor Kurzem 60 Jahre alt geworden ist, lebt seit November 2011 in Manaus. Mit seiner Frau Antonia, der neunjährigen Tochter Sophia und den zwei Katzen Laura und Apple bewohnt er ein kleines Haus im Stadtteil Coroado im Südosten der Stadt.

Der jung gebliebene Schweizer mag seine Wahlheimat. In Manaus fühle er sich wegen der Menschen besonders wohl: «Die menschliche Wärme, der endlose Urwald, die mächtigen Flüsse, intensive Freundschaften und die regionale Kost sind sehr lebenswert. Und für mich zählt die Nähe zur Natur. Es ist ein Privileg, mit dem Boot auf dem Amazonas zu tuckern und die frische Luft einzuatmen.» Oder er fährt mit seiner Familie an einen weissen Strand am Rio Negro und schwimmt im 28 Grad warmen Wasser, rund eine halbe Fahrstunde von seinem Wohnort entfernt.

Die freie Zeit nutzt der Zürcher auch, um neue Orte, Restaurants und Reiseziele zu entdecken, denn das Reisebüro «Peter Hagnauer All Brazil Tours» ist ein kleines Familienunternehmen. Dieses führt er seit 13 Jahren mit seiner Frau. «Meine neueste Erfahrung ist das Restaurant Flor de Jambú, wo in einem idyllischen Hinterhof eines Privathauses gratinierte Shrimps in einer Ananas serviert werden. Das Lokal kann ich jedem Besucher empfehlen!»

1000 Meilen mit dem Schiff von Manaus bis Tabatinga

Um das Amazonasgebiet zu entdecken, kommen Reisende ausserhalb von Manaus nur mit Booten oder Schiffen weiter. Seit 2019 fährt die 29 Meter lange und 10 Meter breite «MS La Jangada» als einziges Schiff die 1000-Meilen-Reise von Manaus nach Tabatinga. Mit dem Flugzeug wären es «nur» 1106 Kilometer, was zeigt, wie oft sich der Amazonas durch den Regenwald schlängelt. Tabatinga mit seinen rund 70 000 Einwohnern wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts einst als Posten gegründet, um die damalige spanisch-portugiesische Grenze zu schützen. Heute befindet sich der Ort im Dreiländereck Brasilien-Peru-Kolumbien. «Auf der Strecke gibt es zahlreiche beeindruckende Besuche an Land, wobei der Ausflug zu den berümten Wächtern des Urwalds, den Matis – ein indigenes Volk Brasiliens – der eindrücklichste ist», weiss Hagnauer.

Auf halber Strecke zwischen Manaus und Tabatinga befindet sich das Mamirauá-Reservat mit endemischen Primaten wie dem Schwarzkopf-Totenkopfäffchen oder weiteren Tierarten wie roten Brüllaffen, Klammeraffen, Zwergmurmeltieren, Braunkehlfaultieren, südamerikanischen Nasenbären oder Ameisenbären. Die auffälligsten Fischarten heissen Tambaqui, Piranha und Pirarucu – letztere sind bis zu 2,6 Meter lang und 160 Kilogramm schwer und werden in der Region mit Maniokmehl und frittierten Bananen zubereitet.

Meilenweit keine Zeichen von Zivilisation

Wer in das Amazonasgebiet eintaucht, wird von einer magischen Ruhe begleitet. Einzig der Ruf von Papageien, der Flügelschlag von Tukanen oder seltene, aus dem Wasser springende rosarote Amazonas-Flussdelfine durchbrechen die Stille: meilenweit keine Zeichen von Zivilisation. Noch regieren hier bis zu 70 Meter hohe Urwald-riesen oder rund 16 000 verschiedene Baumarten, die dieser einmaligen Fauna mit dem Jaguar als König des Dschungels eine Heimat geben. Der Amazonas erreicht stellenweise eine Breite von bis zu 20 Kilometern, wirkt dann wie ein Meer und speist eines der letzten grossen Naturwunder dieser Welt.

«Die menschliche Wärme, der endlose Urwald, die mächtigen Flüsse, intensive Freundschaften und die regionale Kost sind sehr lebenswert.»

Peter Rolf Hagnauer

Naturwunder Amazonas

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