Urzeitgewächse wie Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium) und Rippenfarn (Blechnum spicant), Wald-Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus), Wald-Geissbart (Aruncus dioicus) und Waldmeister (Galium odoratum) wachsen zwischen Gesteinen oder bedecken den Boden unter den Kiefern und vermitteln die ruhige Atmosphäre eines Waldes. Ein schmaler Pfad aus Holzschnitzeln führt durch das kleine Wäldchen und lädt zu Entdeckungen ein.
Tatsächlich sitzt man beim Schwitzen in der Sauna nicht etwa in den Weiten der nordischen Wildnis, sondern mitten im Garten, der wiederum mitten in einem Schweizer Dorf liegt. Nur sind besonders grosse Kiefern (Pinus sylvestris) und Strauchkiefern (Pinus banksiana) so geschickt auf dem Grundstück platziert, dass sie Einblicke von aussen verhindern und man sich geborgen und mutterseelenallein in dieser dramatischen Berglandschaft wähnt.
Es ist der ungewöhnliche Familiengarten von Benjamin Bosshard, den er relativ nüchtern als «architektonischen Naturgarten» beschreibt – geplant und ausgeführt für den Geschäftsleiter bei Gartenkultur von seinen Teamkollegen. Die Kiefern haben einen Bezug zur Region, sind robust und trockenheitsresistent: «Da wir bewusst auf eine Bewässerungsanlage verzichtet haben, mussten sie in den ersten zwei Jahren beobachtet und bei starker Trockenheit zusätzlich gegossen werden», erklärt Benjamin Bosshard. Zu den immergrünen Gehölzen gesellen sich noch ganze zehn Eichen, darunter eine sechs Meter hohe Flaumeiche (Quercus pubescens) – wertvoller Lebensraum für Vögel und Insekten. «Allein im letzten Jahr brüteten vier verschiedene Vogelarten hier», berichtet der stolze Gartenbesitzer.
Im Zentrum der landschaftlichen Gestaltung steht das naturnah geformte Gewässer, bestehend aus einem Pool und einem Teich mit markanter Steinsetzung, deren Wasserflächen optisch ineinander fliessen. Um den Eindruck eines einzigen grossen und ruhigen Gewässers zu verstärken, befinden sich die beiden Wasserspiegel auf gleicher Höhe. «Wir wollten mit dem Teich so nah wie möglich an den Pool herankommen. Eine grosse Felsplatte, die gleichzeitig als Schrittplatte dient, verbindet die beiden Gewässer. So bemerkt man den Übergang nicht», erklärt Benjamin Bosshard. Nur in der Wasserfarbe unterscheiden sie sich, da der Teich vom Dachwasser gespeist wird und auch als Regenwasserreservoir dient.
Ganze 85 Tonnen Gestaltungsfelsen sind in diesem Garten verbaut – kein einfaches Unterfangen, nicht nur wegen des Gewichtes. Es ist eine Kunst, die grossen und schweren Felsen so auf den Poolrand zu setzen, dass diese den Rand teils überragen und natürlich wirken. Technisch ein anspruchsvolles Detail, aber ungemein wirkungsvoll, ist der ca. 13 Tonnen schwere und 2,5 Meter hohe «Duschfelsen». «Man fühlt sich, als würde man unter einer Felswand in den Bergen stehen, über die ein Wasserfall stürzt», beschreibt Benjamin Bosshard das besondere Duscherlebnis. Von verschiedenen Aufenthaltsflächen wie etwa dem Deck aus Eichenholz lässt sich das Naturschauspiel aus unterschiedlichen Blickwinkeln geniessen. Es ist ein spannender Familiengarten, der vielfältige Nutzungsmöglichkeiten für seine menschlichen Bewohner und gleichzeitig wertvollen Lebensraum für Tiere bietet. Ergänzt wird die Abenteuerlandschaft aus Felsen und Wasser übrigens ganz traditionell mit der Urform des Gartens – einem biologisch bewirtschafteten Nutzgarten inklusive Hühnerhaus. Erlebnis, Erholung und traditionelles Gärtnern – und das alles an ein und demselben Ort! Callwey Verlag
Tatsächlich sitzt man beim Schwitzen in der Sauna nicht etwa in den Weiten der nordischen Wildnis, sondern mitten im Garten, der wiederum mitten in einem Schweizer Dorf liegt.
Fakten zur Gartengestaltung
Lage des Gartens: Jegenstorf, Kanton Bern
Grösse des Gartens: 720 m2
Planung und Ausführung: Gartenkultur AG
Buch Gärten des Jahres 2024
Gärten des Jahres. Die 50 schönsten Privatgärten 2024.
Nico Wissing / Konstanze Neubauer. 2024. 296 Seiten, über 400 farbige Abbildungen und Pläne. 23 x 30 cm, gebunden. ISBN 978-3-7667-2679-7.
Das Buch ist in Schweizer Buchhandlungen oder online erhältlich: callwey.de/shop
Laudatio
Der Garten in Jegenstorf im Kanton Bern erhielt beim Wettbewerb «Gärten des Jahres 2024» eine Anerkennung.
Was macht einen guten Garten aus? Gestalterisches sowie handwerkliches Können und eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten – so viel ist klar. Das ist aber nicht alles. Ganz wesentlich ist die Atmosphäre eines Gartens, das Gefühl, das in einem geweckt wird, wenn man sich dort aufhält. Vielleicht ist es das Gefühl, ganz sich selbst sein zu können inmitten von gestalteter Natur.
Dieser Garten bietet dafür ein gutes Beispiel. Er liegt mitten in einem Ort, der in den letzten Jahren den Wandel von einem Bauerndorf hin zu einer Agglomerationsgemeinde am Stadtrand von Bern vollzogen hat. Privatsphäre wird bei dieser Lage zum hohen Gut und naturgemäss grossgeschrieben. Es ist ein Garten, der ganz auf sich selbst bezogen ist, in dem eine archaische wilde Landschaft gleich einem Bühnenbild inszeniert wird. Assoziationen an Gegenden Nordskandinaviens mit glasklaren Seen, schroffen Felsen und knorrigen Föhren werden geweckt. Im Zentrum der landschaftlichen Gestaltung steht ein naturnah geformtes Gewässer, bestehend aus einem Pool und einem Teich mit markanter Steinsetzung, deren Wasserflächen optisch ineinander fliessen. Grosse Kiefern sind so geschickt auf dem Grundstück platziert, dass sie Einblicke von aussen verhindern. Zu den immergrünen Gehölzen gesellen sich Eichen, darunter eine sechs Meter hohe Flaumeiche, die wertvollen Lebensraum für Vögel und Insekten bieten. Das unbehandelte Eichenholzdeck am Wasser passt zum Eichenwäldchen, wirkt natürlich und ist kein Fremdkörper zum modernisierten ehemaligen Bauernhaus. Die Kiefern haben einen Bezug zur Region, sind robust und trockenheitsresistent, so dass auf eine Bewässerungsanlage verzichtet wurde. Ein schmaler Pfad aus Holzschnitzeln führt durch das kleine Wäldchen und lädt zu Entdeckungen ein. Farne und Stauden des Schattens wachsen zwischen Felsen, bedecken den Boden unter den Kiefern und vermitteln die ruhige Atmosphäre eines Waldes. Ergänzt wird die Abenteuerlandschaft ganz traditionell mit einem biologisch bewirtschafteten Nutzgarten inklusive Hühnerhaus, das an die Gartensauna angebaut und mit einer japanischen Technik (Shou Sugi Ban) abgeflammt wurde. So verschmilzt es mit der dunkel gestrichenen Fassade der Sauna, die sich ebenfalls optisch zurücknimmt.
Es ist ein spannender Familiengarten, der Erlebnis, Erholung und traditionelles Gärtnern vereint und gleichzeitig wertvollen Lebensraum dank hoher Bäume bietet. Ihrem Anspruch, «Gärten zu genussvollen Orten zu machen, an denen man ganz sich selbst sein kann», ist das Schweizer Team der Gartenkultur AG gerecht geworden. Herzlichen Glückwunsch an Benjamin Bosshard, Raphael Bräker, Ben Uhlmann und Tobias Bräker! Konstanze Neubauer, freie Journalistin