Schafwolle, bekannt als Material für Bettdecken und Matratzen, als Strickwolle oder Dämmstoff, ist dabei, sich auch in der Gartenbranche zu etablieren. Denn das schafige Haarkleid hat einige Vorzüge: Ähnlich wie Hornspäne ist es reich an Keratin und damit an Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff. Doch es ist sehr viel tierfreundlicher, denn die Wolle stammt vom lebendigen Tier.
Neue Absatzkanäle finden
Gerade die ungewaschene, oft verschmähte – weil mit Kot verunreinigte – Wolle erlebt als Dünger und Mulchmaterial einen Boom. Denn sie enthält zusätzlich Kalium, Schwefel, Magnesium und Phosphor. «Beim Scheren eines Schafs fallen zwei Sorten Rohwolle an: hochwertige A-Ware und weniger hochwertige B-Ware. Für letztere neue Absatzkanäle zu finden, ist uns ein wichtiges Anliegen», erklärt Herbert Karch von Pro Wolle Schweiz. Die Selbsthilfeorganisation setzt sich für die Verwertung von Schweizer Schurwolle ein. «Die etwa 350 000 Schafe in der Schweiz liefern etwa 600 bis 700 Tonnen Schurwolle, von denen nach dem Waschen noch etwa 300 bis 400 Tonnen übrigbleiben. Während die A-Ware in Bettwaren, Strickmaterialien oder Flugzeugteppichen Verwendung findet, gilt etwa ein Drittel als Restwolle, das als Dämmmaterial und eben im Garten genutzt wird.»
Wolle im professionellen Gartenbau
Im professionellen Gartenbau haben sich Mulchscheiben aus Schafwolle als ökologischer Ersatz für Kokosfasern bewährt. Patrick Daepp, Inhaber der Erlebnis-Baumschule Daepp in Münsingen, setzt sie seit 2018 ein: «Die Ökobilanz von Kokos ist nur minimal besser als die von Torf. Deswegen haben wir gemeinsam mit der Filzverarbeitungsfirma Fissco AG nach einer Alternative gesucht.» Bereits 2019 erfolgten erste Tests, heute sind mehr als 10 000 Container der Baumschule mit Schafwoll-Mulchscheiben bestückt. Die Unkrautunterdrückung funktioniere ebenso gut wie die von Kokos – «aber die Ökologie ist viel besser, denn Schafwolle ist ein regionales, nachwachsendes Produkt und baut sich im Boden nur langsam ab.»
Auch Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner können von den Vorzügen der Schafwolle profitieren. Im Fachhandel erhältliche Schafwollpellets lassen sich als natürlicher Langzeitdünger für Gemüse- und Zierpflanzen nutzen. Wichtig beim Einarbeiten in den Boden ist, die Wolle gut mit der Erde zu vermischen. Denn beim Kontakt mit Wasser quellen die Pellets auf und können sich nach oben schieben. Alternativ kann man auch die unbehandelte Schafwolle nutzen – ein Vorteil in puncto Energieeffizienz, da sie nicht extra verarbeitet werden muss. Dafür zupft man die ungewaschene Wolle einfach etwas auseinander und gibt sie direkt ins Pflanzloch. Das verhindert zudem, dass man die Fasern beim Hacken des Beetes herauszieht.
Dünger, Wasserspeicher und Bodenverbesserer
Egal ob als Pellet oder in reiner Form, Schafwolle hat nicht nur nährende Wirkung, sondern ist auch ein Wasserspeicher – sie kann das bis zu 3,5-fache ihres Volumens an Wasser aufnehmen. Das enthaltene Wollwachs Lanolin, das die Schafe produzieren, um ihre Wolle und damit sich selbst vor Feuchtigkeit und Schmutz zu schützen, wird von den Bodenorganismen abgebaut. Ohne dieses Fett nimmt die Wolle das Wasser auf und speichert es. Die lockere Struktur trägt ausserdem zur Bodenbelüftung bei.
Im Gegensatz zu synthetischen Düngern, die Pflanzen kurzfristig mit Nährstoffen versorgen, aktiviert organischer Schafwolldünger das Bodenleben. Mikroorganismen zersetzen die Wolle allmählich – so ist eine kontinuierliche Nährstoffversorgung gewährleistet und ein Überdüngen nahezu ausgeschlossen. Vorsicht ist bei Pflanzen geboten, die sauren Boden bevorzugen, zum Beispiel Heidelbeeren, Erika, Rhododendren oder Hortensien, da Schafwolle einen recht hohen pH-Wert besitzt.
Schneckenbremse aus Wolle
Wer an grössere Mengen Schafwolle gelangt, kann sie auch als Mulch einsetzen. Besonders bei mehrjährigen Kulturen, aber auch im Gemüsebeet hält eine dünne Schicht aus Wolle den Boden feucht und wird langsam von den Bodenorganismen abgebaut – und dient damit als Langzeitdünger. Eingearbeitete Wolle ist meist schon nach einem halben Jahr abgebaut; bei Mulchschichten dauert das deutlich länger.
Damit die Wolle nicht vom Wind verweht oder von Vögeln als Nistmaterial verwendet wird, kann sie mit Rasenschnitt oder anderem Mulchmaterial abgedeckt werden. Der ideale Zeitpunkt zum Ausbringen ist das Frühjahr – aber erst, sobald sich der Boden ausreichend erwärmt hat. Andernfalls wirkt die Wolle isolierend und verlangsamt das Pflanzenwachstum.
Im Fachhandel gibt es mittlerweile sogenannte «Schneckenbremsen» aus Schafwolle zu kaufen. Da die Weichtiere sehr viel Schleim produzieren müssen, um diese Barrieren zu überwinden, meiden sie sie. Allerdings: Wird die Wolle durch Regen nass, lässt ihre schneckenabwehrende Wirkung deutlich nach.
Wo gibt es Schafwolle?
Wer Schafwolle für seinen Garten nutzen möchte, kann im Fachhandel nach Schafwollpellets oder Mulchmatten fragen. Auch das Internet bietet Möglichkeiten. Alternativ lohnt sich der direkte Kontakt zu Schafhaltern. «Die meisten Schafe werden zweimal jährlich geschoren, im Frühjahr bis Anfang April und im Herbst. Jetzt ist also ein guter Zeitpunkt, um anzufragen», rät Herbert Karch.
Schweizer Schafwolle und die Subventionen
Pro Jahr richtet das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL maximal 600 000 Franken für die Verwertung von inländischer Schafwolle aus, und zwar nur an Organisationen, die Schweizer Schafwolle sammeln, sortieren, waschen und zur Verarbeitung abgeben. Mit Ausnahme des Waschens müssen alle Verarbeitungsschritte in der Schweiz erfolgen. Der Beitrag beträgt maximal zwei Franken pro Kilogramm sortierter, gewaschener und zur Verarbeitung zu Fertigprodukten abgegebener Wolle. Wie Pro Wolle Schweiz informiert, droht ohne diese Beihilfe die Entsorgung als Abfall. Schafwolle als Dünger oder Gartenmulch ist von den Subventionen ausgenommen.