Wer heute eine Wohnung oder ein Geschäftslokal zu Eigentum erwirbt, kann ein bestehendes Mietverhältnis nur dann vorzeitig, also ausserordentlich, kündigen, wenn er dringenden Eigenbedarf für sich oder nahe Verwandte geltend machen kann. Die entsprechende Kündigung muss der Erwerber fristgerecht auf den nächsten gesetzlichen Kündigungstermin aussprechen, andernfalls erlischt das Recht auf eine ausserordentliche Eigenbedarfskündigung. Die Formulierung «dringender Eigenbedarf» sorgt in solchen Fällen jedoch häufig für Unsicherheiten und langwierige Gerichtsverfahren.
Die geplante Gesetzesänderung, über die am 24. November an der Urne abgestimmt wird, zielt darauf ab, vorhandene Unsicherheiten zu beheben, indem die bisher schwammige Formulierung klarer gefasst wird. Der Begriff «dringender Eigenbedarf» soll durch «bedeutenden und aktuellen Eigenbedarf» ersetzt und mit «bei objektiver Beurteilung» zusätzlich ergänzt werden. Die aktuelle Rechtsprechung stützt sich bereits auf diese erweiterten Begriffe ab. Die Präzisierungen nehmen dies auf und schaffen damit mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten: Mieter, Vermieter, Schlichtungsbehörden und Gerichte profitieren gleichermassen davon.
Konkrete Beispiele verdeutlichen die Problematik
Beispiel 1: Eine Familie hat in der Nähe der Betreuungsstätte ihres körperlich beeinträchtigten Kindes eine behindertengerecht ausgerüstete Wohnung gekauft, da die derzeitige Wohnung völlig ungeeignet ist. Der bestehende Mietvertrag der neu erworbenen Wohnung läuft jedoch noch mehrere Jahre. Deshalb ist die Familie auf die ausserordentliche Kündigungsmöglichkeit angewiesen, um ihr erworbenes neues Zuhause auch nutzen zu können. Andernfalls müsste sie jahrelang warten, bis sie einziehen kann.
Beispiel 2: Ein älteres Ehepaar wohnt im vierten Stock eines alten Mehrfamilienhauses. Der Ehemann benötigt aufgrund gesundheitlicher Probleme dringend eine Wohnung im Erdgeschoss sowie einen kurzen Weg zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Paar hat Glück und kann eine passende Stockwerkeigentumswohnung kaufen. Diese ist aber vermietet, und aufgrund eines früheren Streits über Baumängel mit dem vorherigen Eigentümer besteht eine Kündigungssperrfrist. Das Ehepaar ist deshalb auf die ausserordentliche Kündigung wegen bedeutenden und aktuellen Eigenbedarfs angewiesen, um das Mietverhältnis fristgerecht mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Termin zu beenden, damit es das neu erworbene Eigentum nutzen kann.
Beispiel 3: Ein wachsender Gewerbebetrieb stösst in seinem aktuellen Firmengebäude an seine Kapazitätsgrenzen und benötigt dringend zusätzlichen Raum für die er-forderliche Erweiterung. Der benachbarte Eigentümer ist bereit, einen Teil seines Grundstücks zu verkaufen. Darauf steht jedoch eine alte Halle, die auf die nächsten acht Jahre an einen Hobby-Schrauber vermietet ist. Der KMU-Betrieb kann nicht so lange warten, da er sonst seine Produktion nicht sicherstellen kann und damit Stammkunden verliert, was wiederum seine Arbeitsplätze in Gefahr bringen kann. Der Betrieb ist deshalb auf die ausserordentliche Kündigungsmöglichkeit aufgrund von bedeutendem und aktuellem Eigenbedarf angewiesen, um das neu erworbene Eigentum nutzen und die Erweiterung rechtzeitig durchführen zu können.
Dank der vom Parlament beschlossenen Präzisierung und Ergänzung können solche Fälle schneller und effizienter gelöst werden. Der Mieterschutz bleibt dabei weiterhin bestehen. Mieter können Kündigungen wegen Eigenbedarfs nach wie vor gerichtlich anfechten und eine Erstreckung des Mietverhältnisses um bis zu vier Jahre bei Wohnungen und um bis zu sechs Jahre bei Geschäftsräumen beantragen. Die Gerichte werden auch in Zukunft streng prüfen, ob der geltend gemachte Eigenbedarf tatsächlich begründet ist. Die Reform schafft ein ausgewogeneres Mietrecht, weil die Belange von Mietern und Vermietern in fairer Weise austariert werden.
Das sagen die Gegner zur Vorlage
Die Gegner der Vorlage behaupten, dass die Änderungen im Eigenbedarfsrecht die Interessen der Mieter schwächen und eine Welle von Massenkündigungen auslösen würden. Diese Behauptungen sind jedoch unbegründet. Die Rechte der Mieter, eine Kündigung anzufechten oder eine Verlängerung des Mietverhältnisses zu beantragen, bleiben vollumfänglich erhalten. Zudem treten Fälle mit Geltendmachung von Eigenbedarf mit ausserordentlichen Kündigungen nur äusserst selten auf.
Die vielfach kolportierte Behauptung, dass eine ominöse «Immobilienlobby» hinter dieser Gesetzesänderung stehe, ist ebenfalls unbegründet. Der Wohnungsmarkt in der Schweiz wird grösstenteils von privaten Vermietern geprägt, und die Gesetzesänderung betrifft ausschliesslich private Eigentümer, die berechtigterweise Eigenbedarf anmelden können. Immobilienunternehmen können diesen Bedarf nicht geltend machen. Der Vorwurf einer perfiden Lobbyarbeit entbehrt daher jeder Grundlage und dient lediglich dazu, unbegründete Ängste zu schüren.
Bei dieser Abstimmung steht jedoch wesentlich mehr auf dem Spiel als nur diese spezifische Vorlage. Die Gegner haben schon seit Längerem angekündigt, ihren Kampf gegen private Eigentümerrechte fortzusetzen, unabhängig vom Ausgang der kommenden Abstimmung. Mit zukünftigen Referenden und Initiativen zielen sie darauf ab, das Mietrecht für die Eigentümer weiter zu verschärfen und das Eigentum in der Schweiz stärker zu regulieren. Diese direkten Angriffe auf das private Wohneigentum mit der damit einhergehenden schleichenden Verstaatlichung soll die Eigentumsrechte stetig weiter schmälern, was mehr und mehr einer Teilenteignung gleichkommt.
Wer sich für faire und transparente Regeln einsetzt, stimmt Ja
Für die Eigentümer ist es entscheidend, sich diesen Bestrebungen von allem Anfang an entschieden entgegenzustellen. Das Eigentum ist in der Schweizerischen Bundesverfassung in Artikel 26 Absatz 2 wie folgt verankert: «Das Eigentum ist gewährleistet.» Diese grundlegende Freiheit bleibt aber nur bestehen, wenn wir uns gemeinsam für sie einsetzen. Wer sich für die Erhaltung des Eigentums und für faire und transparente Regelungen im Mietrecht einsetzt, legt am 24. November zweimal ein klares Ja zu den Mietrechtsanpassungen in die Abstimmungsurne: für die Anpassungen beim Eigenbedarf und auch bei der Untermiete (siehe Beitrag in der Zeitungsausgabe vom 15. Oktober). Jede Stimme zählt – auch Ihre! HEV Schweiz
Ja zum Eigentum am 24. November
Geschätzte Mitglieder, «2 x Ja zum Mietrecht» am 24. November bedeutet auch ein doppelt-deutliches Ja zum Eigentum.
Der HEV Schweiz fordert Sie auf, «2 x Ja zum Mietrecht» in die Abstimmungsurne zu legen und Familie, Freunde und Bekannte zu motivieren, Ihnen dies gleichzutun. Für den Schutz des Eigentums, für eine liberale Wohnungspolitik und für mehr Rechtssicherheit. Herzlichen Dank für Ihr Engagement.
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Website des Ja-Komitees: mehr-wohnraum.ch