Wohnstudie

Umziehen oder bleiben?

Was macht den Traum vom Eigenheim aus? Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften befasst sich in einer 3-teiligen Studie mit dieser Frage. Die Resultate des zweiten Teils liegen nun vor.

von Adrian A.F. Spiess

MSc Economics, Volkswirtschafter beim HEV Schweiz

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von Selina Lehner-Grimm

MSc Banking & Finance

Im Durchschnitt zieht ein Schweizer bzw. eine Schweizerin 5- bis 6-mal im Leben um. Ein Umzug ist somit ein bedeutendes Lebensereignis. Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer lässt sich auch mehr als zwei Jahre Zeit, um das richtige Zuhause zu finden.

Aktuell sucht fast jede zweite Schweizerin bzw. jeder zweite Schweizer ein neues Zuhause. Es ist insbesondere die jüngere Generation, die auf der Suche ist. Während 75 Prozent der 18- bis 29-Jährigen eine neue Bleibe suchen, sind es bei den 60- bis 69-Jährigen nur noch 29 Prozent. Wohneigentümer und Wohneigentümerinnen tendieren zur Sesshaftigkeit: Nur 30 Prozent wollen umziehen. Bei den Mietern bzw. Mieterinnen sind es 53 Prozent.

Das Alter und die Wohnform sind eng miteinander verbunden. Ein Blick in die Bundesstatistiken verrät, dass 50 Prozent der über 65-Jährigen im Wohneigentum leben, während sich die Zahl bei den unter 25-Jährigen nur auf zwei Prozent beläuft.

Umziehen: Wunsch nach mehr Wohnraum und Wohneigentum

Der Ursprung des Umzugswunsches lässt sich unter anderem in den Familienphasen finden. Sind Kinder heute oder zukünftig ein Thema, zieht jeder Zweite aufgrund der Familiengründung bzw. -erweiterung um. Die Vergrösserung der Familie führt dazu, dass mehr Wohnraum gesucht wird.

Mehr Wohnraum wird im Normalfall mit einem Eigenheim verbunden. Es ist bekannt, dass Eigentumswohnungen / -häuser mehr Wohnfläche bieten. Im Jahr 2021 lag die durchschnittliche Wohnfläche der Eigentümer und Eigentümerinnen um 13 Quadratmeter höher als bei den Mietern und Mieterinnen.

Das neue Zuhause muss deshalb «mehr» bieten, das heisst beispielsweise mehr Wohnqualität oder eine bessere Ausstattung. Das Wohneigentum gilt ebenfalls als weiterer Schritt der persönlichen Wohnkarriere, die als Analogie zur beruflichen Karriere angesehen werden darf. Innerhalb der Wohnform «Wohneigentum» zeigt sich auch eine Tendenz zum Einfamilienhaus: So strebt sogar jede zweite Stockwerkeigentümerin bzw. jeder zweite Stockwerkeigentümer nach einem Einfamilienhaus. Das Eigentum – und insbesondere das Einfamilienhaus – ist somit das oberste Gut der Wohnkarriere.

Verweilen: einmal Wohneigentum, immer Wohneigentum

Hat man die «Karrierestufe» des Wohneigentums erlangt, wird ein «Rückschritt» – zurück zum Mieten – nur selten vorgenommen. 79 Prozent der umzugsbereiten Wohneigentümer und Wohneigentümerinnen möchten im Eigenheim wohnen bleiben. 70 Prozent aller befragten Wohneigentümer bzw. Wohneigentümerinnen sind nicht bereit umzuziehen. Das heisst, dass total 93 Prozent aller befragten Wohneigentümer / -innen auch weiterhin das Wohneigentum der Miete vorziehen.

Die Vorteile des Wohneigentums scheinen aber nicht nur finanzieller Natur, obwohl dies oftmals hervorgehoben wird. Die grosse Mehrheit nennt die Gestaltungsfreiheit des Wohneigentums (90 Prozent Zustimmungsrate), die Unabhängigkeit (81 Prozent) sowie die Altersvorsorge (79 Prozent) als wichtige Verbleibmotivation. Die hohe Wohnzufriedenheit der nicht-umzugsbereiten Wohneigentümer / -innen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.

Die Zukunft des eigenen Wohneigentums

Über die Zukunft des Eigenheims wird nur begrenzt nachgedacht. So hat ein Drittel keine konkreten Pläne für die Zukunft und 20 Prozent möchten die Erben darüber entscheiden lassen. Die Entscheidungsfindung wird somit in die Zukunft verschoben.

30 Prozent der befragten Eigenheimbesitzer / -innen möchten keine Veränderungen am Eigenheim vornehmen. Sind Veränderungen geplant, sind insbesondere Renovationen (34 Prozent) oder energetische Sanierungen (28 Prozent) angedacht. Interessanterweise sind auch umzugsbereite Eigentümer / -innen offener für Veränderungen am Eigenheim.

Eines scheint jedoch mehrheitlich klar: Nur 9 Prozent glauben, dass sie ihr Wohneigentum in Zukunft nicht gewinnbringend verkaufen können – und nur 13 Prozent sind wegen der sinkenden Immobilienpreise beunruhigt. Das Zinsniveau verursacht dagegen eher schlaflose Nächte: 44 Prozent der Wohneigentümer und Wohneigentümerinnen sind wegen der steigenden Zinsen beunruhigt.

Selbstbestimmtes Wohnen

Wohnen ist und bleibt somit wichtig. Das unterstreichen auch die aktuellen Debatten in den Medien und in der Politik. Ein Zuhause ist jedoch nicht nur ein physischer Ort, sondern auch ein Ort der Geborgenheit und des Wohlfühlens. Es ist entsprechend wichtig, dass man selbstbestimmt entscheiden kann, wie man wohnen möchte. Eine aktive Auseinandersetzung mit der Zukunft ist von grosser Bedeutung. Ein Umzug aus Zwang – sei es aufgrund persönlicher oder äusserer Umstände (z. B. gesundheitliche) – soll vermieden werden. Denn immerhin möchte fast jeder Zweite für immer im aktuellen Zuhause wohnen bleiben. Grund genug, sich um seine eigene wohnliche Zukunft zu kümmern.

Mehr zur Studie

Studiendesign

Die Studienreihe «Wohneigentumsdynamik und Generationentransfer» besteht aus drei Studien. Die vorliegende zweite Studie trägt den Titel «Ein Zuhause fürs Leben? Erkenntnisse zum Umzugsverhalten der Schweizer Bevölkerung».

 

Die Ergebnisse von Teil 1 der Studie sind in der Ausgabe Nr. 6 des Schweizerischen Hauseigentümers vom 1. April 2022, Seite 31, präsentiert worden. Zum Online-Beitrag

 

Insgesamt haben 1094 Personen aus der Deutsch- und Westschweiz an der Befragung teilgenommen, die im Februar / März 2023 stattfand.

 

Die Studienreihe entsteht in Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Wohnungswesen, dem Hauseigentümerverband Schweiz, der Fédération Romande Immobilière, Raiffeisen Schweiz sowie der ZHAW School of Management and Law.