Online-Wohnungsindex OWI

Steigende Marktmieten und sinkendes Angebot hemmen den Wohnungswechsel

Immobilienmarkt Im Zeitraum von April 2023 bis März 2024 wurden auf den führenden Immobilienportalen schweizweit gut 340 000 Wohnungen inseriert. Das sind 13 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode.

von Adrian A.F. Spiess

MSc Economics, Volkswirtschafter beim HEV Schweiz

von Dr. Rudolf Marty

Senior Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Stv. Leiter Swiss Real Estate Institute

von Prof. Dr. Peter Ilg

Leiter Swiss Real Estate Institute

Der Online-Wohnungsindex OWI untersuchte die online ausgeschriebenen Wohnungsinserate im Zeitraum von April 2023 bis März 2024. In dieser Periode wurden auf den führenden Immobilienportalen schweizweit gut 340 000 Wohnungen inseriert. Dies entspricht einem Rückgang zur Vorjahresperiode um 13 Prozent oder um knapp 50 000 Objekte. Obwohl das Angebot deutlich gesunken ist, müssen die Wohnungen praktisch immer gleich lang ausgeschrieben werden. Dies weist gesamtschweizerisch auf eine sinkende Nachfrage hin. Eine wesentliche Ursache für diesen Nachfragerückgang sind die gestiegenen Angebotsmieten.

Neben der geringen Bautätigkeit fällt auch die geringere Umzugshäufigkeit auf. Diese ist 2023 schweizweit auf 625 000 Umzüge gesunken, was im Vergleich zum Vorjahr einem Rückgang von 75 000 Umzügen entspricht. Der Grund für die gesunkene Umzugshäufigkeit ist die Preisschere zwischen Bestandesmieten und Marktmieten. Trotz zweimalig gestiegenen Referenzzinssatzes sind in der Untersuchungsperiode die Mieten der Alt-Wohnungen weniger stark gestiegen als die Angebotsmieten. Dies hat die Preisschere zwischen Bestandes- und Neumieten weiter geöffnet und zu einem «Lock-in-Effekt» geführt. Mieter bleiben lieber in der günstigen alten (und tendenziell grösseren) Wohnung, als dass sie in eine neue (und tendenziell kleinere, aber teurere) Wohnung umziehen. Das wiederum hat zur Folge, dass die Marktliquidität – also die auf dem Markt verfügbaren Mietobjekte – abnimmt.

Trotz des gesunkenen Angebotes haben sich die Insertionszeiten kaum verkürzt (Abbildung 1). Der registrierte Rückgang der Insertionszeit von 29 auf 27 Tage fällt kaum ins Gewicht. Folglich ist es – trotz gesunkener Nachfrage – nicht schwieriger geworden, eine Wohnung zu finden. Allerdings gibt es diese nun zu deutlich höheren Preisen. Wer sich das nicht mehr leisten kann oder will, verzichtet in der Regel auf etwas Wohnfläche oder auf ein Zimmer.

Wohngeldzuschuss für untere Einkommensschichten?

Steigende Mieten sind vor allem für untere Einkommensschichten ein Problem, da diese schon vor der Steigerung teilweise mehr als ein Drittel ihres Einkommens für die Miete ausgeben mussten. Eine einfache Lösung wäre hier ein Wohngeldzuschuss für diese Einkommensklassen, wie wir das aus den Krankenkassenverbilligungen bereits kennen. Im Fachjargon spricht man dabei von Subjektfinanzierung.

Aus übergeordneter Sicht sind Mieterhöhungen jedoch nicht nur nachteilig. Steigende Angebots- und Bestandesmieten führen dazu, dass der Wohnflächenkonsum pro Kopf stagniert oder gar sinkt, was die Wohnungsknappheit in den Städten dämpft. Weniger Wohnflächenkonsum pro Kopf unterstützt die angestrebte Innenverdichtung. Auch Land- und Energieressourcen profitieren vom geringeren Flächenkonsum. Zudem steigen die Staatseinnahmen: Der Fiskus verdient bei privaten Mietwohnungen mit jedem Franken Mietzinserhöhung rund 25 Rappen durch mehr Einkommenssteuereinnahmen der Hauseigentümer. So könnte die erwähnte Subjektfinanzierung theoretisch durch die steigenden Steuereinnahmen finanziert werden. Zudem haben steigende Mieten auch einen positiven Einfluss auf die Renten, denn rund 25 Prozent der Pensionskassengelder sind in Mietwohnungen investiert.

Insertionsdauer variiert je nach Region

Die Zahl der inserierten Mietwohnungen ist in 23 Kantonen überwiegend im zweistelligen Prozentbereich gesunken. Lediglich in den Kantonen Genf, Tessin und Zug wurden im Jahresvergleich mehr Wohnungen ausgeschrieben. In 19 Kantonen bewirkte die Verknappung des Mietwohnungsangebots eine deutliche Verkürzung der Ausschreibungszeiten. In ländlichen Kantonen nahe der Zentren ist diese Entwicklung besonders ausgeprägt, zum Beispiel in Schaffhausen (–13 Tage) und Freiburg (–5 Tage). Die kürzesten Insertionszeiten weisen die beiden Zentralschweizer Kantone Zug (9 Tage) und Schwyz (14 Tage) auf. Länger gedulden hingegen müssen sich Eigentümer im Jura und Tessin, wo Wohnungen 54 beziehungsweise 42 Tage ausgeschrieben werden, bis sie weitervermietet sind. Interessant ist auch zu sehen, dass in diesen Regionen die Wohnungsmieten deutlich tiefer sind als anderswo, was wiederum darauf hinweist, dass ein ausreichendes Angebot an Wohnungen tatsächlich eine dämpfende Wirkung auf die Mieten hat.

Trotz staatlicher Förderprogramme und rückläufiger Binnenmigration mangelt es in den Städten an verfügbarem Wohnraum. In 7 von 15 untersuchten Städten hält die Entwicklung zu kürzeren Ausschreibungszeiten an. Beispielsweise halbierte sich die Insertionszeit in Luzern innert zweier Jahre fast – von 30 auf 17 Tage.

Mietzinssteigerungen nach zwei Referenzzinssatz-Runden sorgen bei grösseren, teureren Wohnungen für vermehrten Wechsel in günstigere Objekte. Dieses Mehrangebot an teureren, grösseren Wohnungen verschleiert die steigende Knappheit in den günstigen und kleineren Segmenten.

Wie entwickelte sich die Nachfrage in den Städten?

Die Gegenüberstellung der Veränderungsraten von Insertionszeiten und Anzahl Inseraten ermöglicht Aussagen zur Nachfrageentwicklung (Abbildung 2). Grafisch dargestellt liegen Städte, die über der 45-Grad-Diagonale positioniert sind, im Bereich einer steigenden Nachfrage. In den Städten unterhalb der Diagonale sinkt die Nachfrage nach Mietwohnungen. In Abbildung 2 ist ersichtlich, dass die Nachfrage nach Mietwohnungen in den meisten der untersuchten Städte gesunken ist. Die Ursache liegt im hohen Preisanstieg der Mieten der ausgeschriebenen Wohnungen. Dies weist wiederum auf einen funktionierenden Mietwohnungsmarkt hin: Steigen die Mieten, nimmt die Nachfrage nach (noch mehr) Wohnraum ab. Es kann auch der Umkehrschluss gezogen werden: Werden die Mieten (künstlich) tiefgehalten, wird der Wohnflächenkonsum und somit die Wohnungsnot in Städten tendenziell ansteigen.

Über den Online-Wohnungsindex OWI

Der Online-Wohnungsindex OWI erfasst statistisch die Anzahl ausgeschriebener Mietwohnungen in der Schweiz. Der Index wird erstellt durch den Hauseigentümerverband Schweiz (HEV), den Schweizerischen Verband der Immobilienwirtschaft (SVIT Schweiz) und dem Swiss Real Estate Institute (SwissREI).

 

Die halbjährlich publizierte Studie basiert auf der Auswertung der Online-Inserate von Mietwohnungen der führenden Immobilienportale in der Schweiz. Die Marktabdeckung beträgt über 80 Prozent.

 

Der HEV ist die Dachorganisation der Wohneigentümer und Vermieter in der Schweiz. Die SVIT Schweiz vertritt als Spitzenverband der Immobilienwirtschaft die Interessen von 30 000 Immobilienfachleuten. Das Swiss Real Estate Institute konzentriert sich neben der Forschung auf die Bereiche Lehre und Dienstleistung / Beratung für die Schweizer Immobilienwirtschaft.