Meier meint

Staatstarif für Party-Mobiliar?

von Markus Meier

Direktor HEV Schweiz

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«Von der Wiege bis zur Bahre schreibt der Schweizer Formulare.» Wer hat den legendären Spruch nicht auch schon gehört oder sich beim Ausfüllen eines Formulars so gefühlt? Zu verdanken haben wir das der Bürokratie, die Meyers Konversationslexikon von 1894 laut Wikipedia wie folgt definiert: «Büreaukratie (franz.-griech., «Schreibstubenherrschaft»), Bezeichnung für eine kurzsichtige und engherzige Beamtenwirtschaft, welcher das Verständnis für die praktischen Bedürfnisse des Volkes gebricht.»

Die Bürokratie belastet auch unsere Wirtschaft. Das zeigen die Zahlen im jüngsten «Bürokratiemonitor», der von YouGov (ehem. LINK-Institut) im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO erstellt wurde. Darin weisen die Rückmeldungen von mehr als 1500 Unternehmen in der Schweiz administrative Belastungen von 20 Stunden pro Monat aus. In der Hochrechnung auf insgesamt 206 000 KMU mit den deklarierten Kosten ergeben sich allein für diese Unternehmen Aufwendungen von alljährlich rund 6,3 Milliarden Franken.

Die Bürokratie kann sich aber quasi auch mit sich selbst beschäftigen, wie eine Meldung aus der Gemeinde Bettingen (BS) zeigt. Wohl mit dem Ziel einer Flexibilisierung wollte der Gemeinderat die Vermietungspreise für Partyzelte, Festtischgarnituren und Grills aus dem kommunalen Verwaltungsgebührenreglement streichen und in einer separaten Preisliste regeln. So weit, so gut. Aber nicht so einfach: Denn eine solche «Extraktion» führt zum Tatbestand einer Reglementsänderung, welche die Bettinger Behörde vorschriftsgemäss dem Schweizer Preisüberwacher zur Genehmigung unterbreitete. In seiner Rückmeldung jedoch empfahl «Monsieur Prix» der Behörde der Stadtbasler Landgemeinde verwirrenderweise, ihre «Gebühren für das Ausstellen von Ausweisen und ähnlichen Dokumenten so anzupassen, dass sie die Schwellenwerte des Preisüberwachers nicht überschreiten».

Das ist gleich doppelt erstaunlich. Denn erstens sind die Gebühren für Amtshandlungen der Gemeinde Bettingen gar nicht überrissen, und zweitens waren nicht sie Gegenstand der beantragten Reglementsänderung, sondern das Herauslösen des Partysortiments. Trotzdem behält sich der Preisüberwacher vor, die Gebühren vertieft zu prüfen und die Gemeinde darüber aufzuklären, wie hoch ihre Gebühren sein dürfen. Eventuell ein staatlicher Tarif für die Vermietung von Party-Mobiliar?

Wir lernen daraus, dass sich Bürokratie auch mit sich selbst beschäftigen kann. Unschön nur, dass so entstehende Kosten «am Ende des Tages» wieder bei uns, beim Steuerzahler, landen.