Meier meint

«Spieglein, Spieglein an der Wand…»

von Markus Meier

Direktor HEV Schweiz

Sie haben ihn erkannt, den Anfang der ständigen Frage der Königin im «Schneewittchen» der Brüder Grimm. Daran angelehnt könnte man mit Blick auf die angekündigte Photovoltaik (PV)-Initiative mit leicht abgewandelten Worten heute die Frage stellen «Spieglein, Spieglein – Photovoltaik auf dem Dach und an der Wand, bald überall im ganzen Land?» Allerdings geht es hier nicht um ein Märchen, sondern um handfeste Politik. Um den mittlerweile offiziell erkannten Stromversorgungsproblemen zu begegnen, erschallt die Forderung nach einer gesetzlichen Installationspflicht von Panels für alle Eigentümer. Ihre Liegenschaften sollen «zwangsbestückt» werden.

Nur wenig aber wird über die vielen auf freiwilliger Basis erfolgten Installationen geredet. Die 50-prozentige Steigerung der Kapazität im Jahr 2020 kommt ja nicht aus dem Nichts. Die für Wohnbauten typischen Anlagen werden mit Bundesbeiträgen namens «KLEIV – Einmalvergütung für kleine PV-Anlagen» gefördert. Im Klartext: Der Bund richtet die Beiträge aus, bezahlt werden sie von uns allen über den Netzzuschlag, den wir auf unseren Strombezügen berappen. Leider wurden diese Einzelbeiträge in den vergangenen Jahren sukzessive reduziert, um mehr Einheiten berücksichtigen zu können. Diese Bundesbeiträge sind steuerwirksam. Entweder sind sie in der Steuererklärung als Einkommen aufzuführen, damit demgegenüber die Vollkosten der Investition abgezogen werden können, oder der Abzug reduziert sich um den Bundesbeitrag. Läuft dann die Anlage, bewegt sich der Anteil des Eigenverbrauchs an der Produktion zwischen 30 und 40 Prozent. Speicher für Produktionsüberschüsse sind leider noch nicht wirtschaftlich. Deshalb werden die Überschüsse zwangsläufig ins Netz eingespeist, also dem Energieversorger geliefert. Die Vergütungen für solche Lieferungen liegen deutlich tiefer als der Preis, den der Energieversorger für seine Lieferungen kassiert. Der Betreiber muss seinen Überschussstrom zum Discountpreis zwangsverhökern. Zudem ist in den allermeisten Kantonen der erzielte Ertrag als Einkommen zu versteuern. Liebe Grüsse vom Progressionseffekt!

Wenig wahrgenommen wird auch, dass viele Eigentümer Anlagen installieren möchten, dies aber nicht dürfen. Entweder, weil ihre Liegenschaft in einer Kern- oder Schutzzone liegt. Oder dort, wo beim Energieversorger die Leitungskapazitäten für die Stromeinspeisung nicht vorhanden sind. Hier führen die Installateure lange Wartelisten.

Die Moral der Geschichte: Eine konsequente Förderung mit gleichzeitigem Abbau der vielen Hürden wäre wirksamer als ein Obligatorium vom Regal der Schauermärchen.

«Photovoltaik auf dem Dach und an der Wand, bald überall im ganzen Land?»