Holzmöbel

Nachhaltigkeit ist Trumpf

Holz hat derzeit Konjunktur: Möbel und Accessoires aus Holz schmeicheln Augen und Seele, altern schön und sind nachhaltig – vorausgesetzt es handelt sich um heimische Hölzer mit kurzen Transportwegen.

von Andrea Eschbach

Journalistin, Zürich

Schaurig schön: Die berühmt-berüchtigte Addams Family inspirierte das Duo Vasilica Isac̆escu und Nadja Zerunian zu seiner Kollektion «Little Monsters» für das deutsche Designlabel Pulpo. Mit «Eddy», «Fester», «Flora», «Gomez», «Little Tully», «Lumpy» und «Morticia» ziehen ganz besondere Mitbewohner ein. Die Stühle und Hocker sind von traditionellen rumänischen Volksstühlen inspiriert und werden in perfekter Handarbeit in Transsilvanien gefertigt. Das Ziel der rumänischen Gestalterinnen ist es, faire, authentische und nachhaltige Produkte aus der Mutter Natur zu schaffen. Damit liegen sie im Trend. Denn schon länger entwickelt die Branche ein ausgeprägtes Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit und Qualität. Holz bleibt das beliebteste Material im Möbelbau. Nach wie vor stark gefragt sind Massivholzmöbel – langlebig und nachhaltig begleiten sie ihre Besitzer Jahrzehnte. Das Label Raïna setzt auf Arvenholz. «Arve, anders gedacht», heisst der Slogan der Manufaktur aus Tscherlach. Dies bedeutet weg vom Heimatstil und hin zu zurückhaltenden Möbeln in kleinen Auflagen, wie der Hocker «Milk». Das Holz stammt aus dem Val Müstair und wird lokal auf Bestellung verarbeitet.

Auch das Zürcher Studio Krach setzt auf Regionalität. Hinter dem Label stehen der Designer Lukas Baumgartner und der Schreiner Severin Meier. Ihr Stuhl «Sihl» – erhältlich in den Farben U-Boot-Gelb, Schaumrosa, Tiefblau und Bachgrün – wird aus lokalen Hölzern mitten in Zürich gefertigt. Der Kreuzzargenstuhl aus massiver Eiche kombiniert eine runde Sitzfläche mit einer geraden Rückenlehne.

Lokale Hölzer, flach verpackt

Scheinbar simpel, in Wahrheit jedoch hochkomplex sind Stuhl und Tisch der Serie «Bench». Der Entwurf des Designers Konstantin Grcic für den italienischen Hersteller Plank basiert auf dem Konzept eines schlichten Holzbalkens zum Sitzen. Im Laufe des Entwicklungsprozesses kam Grcic jedoch auf die Idee, die Sitzfläche und die Beine mit einer unsichtbaren Stiftverbindung zusammenzustecken. Der Tisch wurde nach demselben Konstruktionsprinzip entwickelt, kann aber zusätzlich mit verschiedenen Beinpositionen zusammengebaut werden. Das verleiht dem klassischen Look einen neuen Twist.

Aus Massivholz gefertigt ist auch der Tisch «Varan»: Gil Costes skulpturaler Entwurf für das Hamburger Label More lässt eine runde Platte auf einer polygonalen Säule ruhen. Verwendet werden ausschliesslich langsam gewachsene zertifizierte Hölzer.

Gerade Linien, umweltfreundliche Verbindungen und ein Aufbau, der auch für die Logistik Platz und Ressourcen spart, sind derzeit bei vielen Stühlen und Hockern zu sehen. Der schwedische Hersteller Gärsnäs setzt zudem auf kurze Produktionswege, wie für den Stuhl «Ronja» von David Ericsson. Dieser wird aus Birkenholz gefertigt, das nahe der Fabrik in Österlen wächst. Der robuste Stuhl wird aus nur drei Teilen mit Steckverbindungen zusammengesetzt – nichts ist geleimt, die Konstruktionsweise bleibt sichtbar.

Ikone im neuen Look

Aus Finnland stammt eine der beliebtesten Ikonen des Möbeldesigns: Arteks «Stool 60», der nach seinem Designer Alvar Aalto auch als «Aalto-Hocker» bekannt ist. In 48 Produktionsschritten wird dafür massives Birkenholz aus finnischen Wäldern zu den charakteristischen L-förmigen Beinen des Hockers gebogen, und die Verschnitte aus der Beinproduktion werden zur Herstellung der runden Sitzfläche des Hockers verwendet. Der dreibeinige Klassiker ist im Jahr seines 90-jährigen Bestehens nun in einer neuen Variante erhältlich, die seine raffinierte Konstruktion zelebriert. Für «Stool 60 Kontrasti» wird thermobehandeltes Birkenfurnier in einem kontrastierenden Farbton für den Biegeprozess verwendet. Dieselben dunkleren Furnierstreifen finden sich auch in der Sitzfläche wieder; sie unterstreichen die wirtschaftliche Verwendung von Holzresten aus den Beinen für die Konstruktion des Sitzes. Mit diesem Minimum an Komponenten wird das kleine Möbel flach verpackt, was den Transport sowohl ökonomisch als auch ökologisch macht.

Japan trifft Schweiz

Aus Eichenholz ist das Resultat der ersten Zusammenarbeit des Zürcher Designers Jörg Boner mit dem japanischen Label Karimoku New Standard. Der «Chesa»-Stuhl ist ein kompakter Konferenz- und Esszimmerstuhl, der klassische Eleganz mit zeitgenössischen Details verbindet. Die durchgängig geschwungene Linie, die von den Vorderbeinen zur Rückenlehne reicht, schafft einen bequemen, schützenden Raum, der es gleichzeitig erlaubt, diagonal zu sitzen und sich so den Gesprächspartnern zuzuwenden. Der feingliedrige Rahmen ist aus massivem japanischen Holz gefertigt, die Rückenlehne aus gebogenem Sperrholz. Die ruhige und klare Linienführung macht den Stuhl wiedererkennbar. Er fügt sich auch in grösserer Stückzahl leicht in den Raum ein.

Pariser Cafés als Inspiration

Für das dänische Label Hay entwarf der Belgier Julien Renault die Tische und Stühle «Pastis» aus lackiertem Eschenholz – modernes Design inspiriert von traditionellen Pariser Cafés. Mit ihrer robusten Konstruktion und eleganten Ästhetik passen die Möbel in viele Wohnszenarien. «Ich stelle mir gerne eine Brasserie oder ein Café mit schönen Holzarbeiten und weissen Tischdecken vor. Ich habe diese Kollektion mit dieser Art von Atmosphäre und Raum im Kopf entworfen – eine Umgebung, in der die Möbel patiniert sind, das Design aber ewig zeitgenössisch wirkt», sagt JulienRenault.

Fast schon eine kleine Landschaft im Raum ist der Raumteiler «Marechiaro» aus Massivholz – ein Entwurf von Philippe Nigro für Ligne Roset. Die eine Seite eignet sich für die Aufbewahrung von Büchern und Accessoires, die andere Seite ist ein Paravent aus Holzlamellen. So lassen sich beispielsweise ein Arbeits- und ein Wohnbereich oder ein Ankleideraum und ein Schlafzimmer voneinander abgrenzen.

Schon länger entwickelt die Branche ein ausgeprägtes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Qualität. Holz bleibt das beliebteste Material im Möbelbau.