Gartengestaltung

Gartenstil: Der individuelle Ausdruck zählt

Der Aussenraum soll heutzutage nicht mehr nur einen klassischen Gartenstil verfolgen, sondern verschiedene Stile harmonisch verknüpfen. Die Umsetzung eigener Gestaltungsideen und individueller Wünsche ist gefragt.

von Felix Käppeli

Fachredaktor Garten, JardinSuisse

Gärten sind Rückzugsorte, Begegnungsstätten und Kraftquellen zugleich. In Zeiten, wo so manch einer das Gefühl hat, alles aus seiner Persönlichkeit herausholen zu müssen, wird die Entschleunigung im Grünen immer wichtiger. Hinter dem Abgeschirmten muss niemand eine Bestleistung erbringen wie beispielsweise am Arbeitsplatz, in einem Sportclub oder in den sozialen Netzwerken. Auch das Gefühl von zu viel Instagram oder Dubai-Schokolade verschwindet im üppigen Grün wie von selbst. Insofern wirkt ein geschützter Aussenraum erholsam, und ein eng getakteter Alltag erscheint etwas entspannter.

Facettenreiche Nutzung

Heute werden die privaten Freiräume vielseitig genutzt: Sie sind Entspannungs- und Rückzugsort, geben einer lebendigen und wildwüchsigen Bepflanzung genügend Platz, sind Treffpunkte für Familie und Freunde, beinhalten eine multifunktionale Freiluftküche, ein stillvolles Wasserbecken oder einen formalen Badebrunnen. Ebenso können sie sich als Homeoffice im Grünen eignen oder werden mit Hochbeeten ausgestattet und als selbstversorgenden Nutzgarten bewirtschaftet. Entsprechend abwechslungsreich zeigt sich das Design heutiger Aussenräume, und es weicht immer mehr von den klassischen Gartenstilen ab.

Aspekte wie Ästhetik und Komfort spielen ebenso eine Rolle wie Nachhaltigkeit und Gesundheit. Die Aussenraumgestaltung spiegelt dabei auch kulturelle Einflüsse, Trends, individuelle Bedürfnisse, ästhetisches Empfinden und ökologische Werte wider.

Somit sind die Gärten nicht mehr bloss ein monotones Prestigeobjekt oder ein visueller Hingucker, sondern ein lebendiger und natürlicher Wohnraum und Wohlfühlort, in dem man sich geborgen und geschützt fühlt. Gegenwärtig möchten die Menschen die Natur und den Aufenthalt draussen bewusst erleben und spüren können. Natürlichkeit ist ebenso gefragt wie gepflegte Ästhetik und ein gemütliches und harmonisches Ambiente. Dies alles darf miteinander verschmelzen.

Zwischenstopp in der Gartengeschichte

Ungeachtet dessen, dass sich die Gartenprojekte immer mehr individualisieren und sich so vom starren Rahmen der klassischen Gartenprinzipien befreien, lohnt sich ein kurzer Exkurs in die Gartengeschichte. Schliesslich haben die traditionellen Stilrichtungen auch in der heutigen Umgebungsgestaltung immer noch ihren Platz, da viele historische Grünanlagen, aber auch Neuanlagen dieser Formgebung entsprechen. Zudem kann auch ein individuelles Gartenbild in den Grundzügen eine traditionelle Stilrichtung miteinschliessen. Insofern darf sich auch eine wildwüchsige, naturnahe Umgebung mit einem formalen und klaren Design verbinden.

Formaler Gartenstil als Exempel

Auch heute noch ist der rein formale oder architektonische Gartenstil anzutreffen. Dieser klar gegliederte Garten mit seinen geometrischen Formen und seiner geraden Linienführung wird oft auch symmetrisch angelegt. Er schafft ein Gefühl von Exklusivität, Eleganz und Klarheit.

Seinen Ursprung hat dieses Gartenkonzept in Vorderasien, wo hinter hohen Mauern wahre Oasen mit Fontänen und schattenspendenden Gehölzen gepflegt wurden. Diese geordnete Formgebung spiegelt sich anschliessend in den Persischen Gärten des Iran sowie den Klostergärten des späten Mittelalters wider. Auch die italienischen Gartengestalter verfielen diesen harmonisch angelegten Grünanlagen. Das Formale fand dort in den Renaissancegärten seine Fortsetzung, und hatte schlussendlich in den französischen Barockgärten seinen Höhepunkt.

Die Gartenarchitektur dieser Epochen basierte auf einer Philosophie konzipierter Ordnung, Sauberkeit und der gestalterischen Beherrschung des «wilden Paradieses» . Erst der englische Landschaftsgarten veränderte die Gartenphilosophie, indem nicht mehr eine formale Ordnung das Gartenbild prägte, sondern vielmehr eine idealisierte Natur, die nachgebildet wurde. Naturnahe Landschaftselemente und organische Gestaltung beeinflussten dieses Gestaltungskonzept.

Individueller Lebensstil

Von klar und geordnet über wild und verspielt: Heute gibt es vielfältige Gartentypen, und die gestalterische Handschrift ist den fast unbegrenzten Lebensformen, aber auch immer mehr dem Klimawandel unterlegen. Sie ist das Ergebnis individueller Bedürfnisse, Ideen und Lebensweisen. Aber auch neue Technologien und Bauweisen, wirtschaftliche Entwicklungen oder die klimatischen Einflüsse sind Gründe, die den persönlichen Lebens- und somit Gartenstil unmittelbar beeinflussen.

Selbstentfaltung im eigenen Wohnraum

Was heute einen stimmigen Garten auszeichnet, ist somit je nach Wünschen und Vorstellungen des Nutzers, den möglichen Ressourcen sowie der Grösse und Standort des Grundstücks ganz unterschiedlich. Von daher ist praktisch alles möglich: von romantischer Üppigkeit über urbane Natürlichkeit bis hin zu den durchgestylten Gartenräumen, die mit ihrer architektonischen Formensprache ein elegantes Lebensgefühl vermitteln. Selbst dort finden sich natürliche Elemente wie malerisch wirkende Rosenbögen, Ast- und Steinhaufen, Wildkräuterbeete und vieles mehr.

Ein wichtiger und nicht zu vergessender Aspekt bei den aktuellen Gestaltungslösungen und Pflanzenverwendungen ist deren Beständigkeit. Natürliche, regionale Materialien und robuste, heimische und standortgerechte Begrünungen punkten beim privaten Aussenraum oben auf. Hier sollten jedoch auch die sogenannten Exoten respektive fremdländische Pflanzen ihren Platz im Garten bekommen. Solche, die sich problemlos in die heimische Pflanzenwelt einfügen, standortgerecht gepflanzt werden und die Artenvielfalt bereichern und der regionalen Tierwelt Unterschlupf und Nahrung bieten.

 

Klassische und aktuelle Gartenstile

klassisch-europäische Gartenstile:

Bauerngarten

Renaissancegarten

Barockgarten

Englischer Landschaftspark
 

traditionelle Gärten des Orients und Asiens:

Persischer Garten

Japangarten

Chinagarten
 

heutige Gartentypen oder moderne Interpretation davon:

Englischer Landhausgarten / Cottage-Garten

Moderner Garten / Formaler Garten / Architekturgarten

Nutzgarten / Naschgarten

Naturgarten / Naturnaher Garten

Mediterraner Garten

Wassergarten

Staudengarten / Rosengarten

Feng-Shui-Garten

Wellness-Garten / Genussgarten

Klimagarten / Waldgarten