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Architekturjuwel im Engadin: Villa Klainguti in Pontresina

Das Büro Studio C Architekten verwandelte die Villa Klainguti in Pontresina in ein Feriendomizil.

von Andrea Eschbach

Journalistin, Zürich

Mitten in Pontresina erstrahlt seit Kurzem eine aussergewöhnliche Jugendstil-Villa in neuem Glanz. Aussergewöhnlich, da ihre Geschichte untrennbar mit der Geschichte der Familie Klainguti, eine der alten Patrizierfamilien von Pontresina, verbunden ist. Aussergewöhnlich aber auch, weil sie eine wichtige Rolle in der Baukultur des Engadins spielt. Der 1882 als Familiendomizil erstellte Bau inmitten eines Parks wurde während knapp vier Jahren umgebaut und saniert, zunächst von Pia Maria Schmid. Nach dem Tod der Zürcher Gastro-Architektin im Jahr 2021 beauftragte die Bauherrschaft – Gian Giacum und Katherine Klainguti – das St. Moritzer Büro Studio C Architekten mit dem Fortführen der Arbeiten.

Für Caty Emonet, Inhaberin und Geschäftsführerin von Studio C, gibt es keinen Ort, an dem sie lieber wäre als das Engadin. Sie schätzt das Alpine, in dem für sie viel Kraft und Schönheit liegt, und die traditionelle Baukultur, die sich harmonisch in die Natur einfügt. «Wir nehmen uns die Zeit, genau zuzuhören, zu beobachten und zu analysieren», sagt die Architektin. «Wir spüren unausgesprochene Wünsche und finden kreative Lösungen, um sie zu erfüllen.» So auch bei dem Umbau der Villa Klainguti zu einem luxuriösen Ferienhaus für Gäste.

Zunächst analysierten die Architekten in enger Zusammenarbeit mit der Bauberaterin von Pontresina, was historisch erhaltenswert ist. Dazu zählten die traditionelle Fassade mit den barockisierenden Fensterfassungen, die Volumetrie und die Deckenmalereien. Letztere finden sich selten in der Engadiner Baukultur. Während die Deckenmalereien im Wohnzimmer gut erhalten waren, sah dies im Treppenhaus ganz anders aus: Dort fanden sich nur noch rudimentäre Fragmente der Malerei. «Wir haben dies bewusst so erhalten und nur punktuell geflickt oder farblich ausgebessert.»

Im Innern offenbart das Haus überraschende neue Nuancen, die unschwer die Handschrift von Studio C erkennen lassen: So wurde ein Farbkonzept entwickelt, das sich an der Deckenmalerei orientiert. Abgeleitet davon bekamen die Wohnräume im Erdgeschoss – einer mit einem alten, sorgfältig restaurierten Cheminée – einen Anstrich in warmem Rot. Im Obergeschoss sind die Räume Gelb, Hellblau und Hellgrün gehalten. Die alten Kassettenböden und das Fischgrätparkett konnten teils erhalten werden, teils wurden neue Eichenparketts mit dekorativem Fries verlegt.

Die Vergangenheit bewahren

Den Architekten gelang es, eine lebendige Harmonie von Alt und Neu herzustellen. «Die Villa war letztlich doch schlicht das geliebte Zuhause einer Familie. Eltern, Kinder und Enkelkinder wuchsen in ihm auf, und auch der Bauherr hatte hier das Licht der Welt erblickt. So waren es auch vor allem die Spuren eines familiären Miteinanders, die den Umbau zu einer fesselnden Entdeckungsreise machten.» Eine solche Entdeckung war beispielsweise ein «Wandmassband» im Obergeschoss, wie es Eltern weltweit an Wänden oder Türrahmen anbringen, um das Wachstum ihrer Kinder zu verfolgen. Hier und da konnten alte Tapetenfragmente wieder Schicht um Schicht freigelegt werden – sie schmücken nun fast wie ein Bild die Zimmer. Details wie diese sind nicht nur Relikte vergangener Tage, sie erzählen vielmehr persönliche Geschichten aus dem Leben.

Ganz neu hingegen sind eine Industrieküche im Erdgeschoss für Events mit Privatkoch, eine Teeküche im 1. Obergeschoss sowie eine offene Küche im Dachgeschoss, die eine Blumentapete schmückt. Sämtliche Badezimmer – zwei pro Geschoss – wurden saniert. Sie sind schlicht gehalten, bestechen aber mit Keramikplattenböden im Schachbrettmuster. Im Untergeschoss ist dort, wo früher ein Natur- und Kohlenkeller war, ein kleiner, feiner Spa-Bereich untergebracht.

Auch in der Möblierung und dem Lichtkonzept bewies Studio C ein Gespür für die Verbindung von Tradition und Moderne: Antike Sitzmöbel aus Familienbesitz wurden neu gepolstert und mit modernen Stoffen bezogen, ausgewählte Klassiker der Moderne fügen sich harmonisch ins Bild ein, auf Mass gefertigte neue Leuchten ergänzen restaurierte Leuchten aus dem Bestand. Entstanden ist eine Symbiose aus Tradition und innovativem Design, die der historischen Villa frische Vitalität verleiht.

 

Open Doors Engadin

Die Villa Klainguti kann während der Open Doors Engadin vom 29. bis 30. Juni 2024 besucht werden. Das Programm und weitere Infos finden Sie auf der Website des Organisators. Es werden auch Führungen angeboten.

«Die Villa war letztlich doch schlicht das geliebte Zuhause einer Familie.»

Caty Emonet, Architektin

Weitere Bilder

Weitere Infos und Bilder der Villa Klainguti finden Sie auf der Website des Architekturbüros Studio C Architekten