In bereits bestehenden Normen und Empfehlungen von (Fach-) Organisationen werden Absturzsicherungen in privaten Aussenräumen kaum behandelt. Um Licht in diesen «Graubereich» zu bringen, hat Jardin Suisse in Zusammenarbeit mit Metaltec Suisse und der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU ein Merkblatt erarbeitet. Gegenstand dieses Dokumentes sind Umgebungssituationen von privaten Hochbauten, Gartenanlagen und Grünflächen.
Ziel ist es, die Gefährdung von Personen durch Absturz zu minimieren, wenn bei einer normalen Benutzung und einem normalen Verhalten eine Absturzgefährdung besteht (siehe Abbildung 1). Dabei ist die Benutzung durch Personen und insbesondere ihr Verhalten im Aussenraum für die Beurteilung der Absturzsicherheit von zentraler Bedeutung.
Definition von Verkehrsflächen
Zugängliche und bei normaler Benutzung durch Personen genutzte Flächen werden im neuen Merkblatt als Verkehrsfläche bezeichnet. Es handelt sich also um Flächen, die für den Aufenthalt von Personen vorgesehen sind und auf denen sich Personen bequem und ohne besondere Anstrengungen aufhalten können. Dazu zählen Wege, Terrassen und Gartenflächen mit Bodenbelägen, mit Kies- und Kiesrasen, sowie Rasen- und Wiesenflächen.
Erhöht liegende Flächen, die gemäss der SIA-Norm 358 nicht besteigbar sind und die bei normalem Verhalten aufgrund der Höhendifferenz nur schwer oder mit Aufstieg-Hilfen zugänglich sind, sind keine Verkehrsflächen. Auch dichte Bepflanzungen oder Sitzflächen wie Bänke gehören nicht zu den Verkehrsflächen (siehe Abbildung 2).
Erschwerung der Zugänglichkeit
Grundsätzlich sind Elemente gegen Absturz ab einer Absturzhöhe von 1 Meter und mehr (z. B. bei Stützmauern) erforderlich (siehe Abbildung 3). Pflanzen dürfen eingesetzt werden, um den Zugang zu einer möglichen Absturzkante mit einer Absturzhöhe bis maximal 1,5 Meter zu erschweren (siehe Abbildungen 1.1, 1.2 und 1.3). Es eignen sich ausschliesslich Pflanzen, die einen schwer durchdringenden Bewuchs während des ganzen Jahres gewährleisten. Pflanzen mit Stacheln oder Dornen erschweren das Durchdringen zusätzlich – deren Einsatz ist jedoch situationsbezogen zu beurteilen. Dem Merkblatt sind Listen mit Pflanzen angefügt, die sich zur Verwendung als Schutzelemente eignen.
Für die Verwendung ohne Pflanzgefäss oder Aufbordung sollte die Lieferhöhe der Pflanzen mindestens 1 bis 1,25 Meter betragen. Um das einfache Durchdringen ab Nutzungsbeginn zu erschweren, ist allenfalls ein Hilfszaun zu erstellen. Dieser kann entfernt werden, sobald sich die Bepflanzung etabliert hat und die Schutzfunktion gänzlich übernimmt.
Pflanztröge
Werden Pflanzgefässe als Abgrenzungen bei einer Gefahrenstelle eingesetzt, muss sichergestellt sein, dass sie unter der Voraussetzung eines normalen Verhaltens nicht als Verkehrsflächen genutzt werden.
Zudem müssen sie ausreichend schwer und standsicher sein, so dass sie auch von einer kräftigen Person nicht ohne grossen Kraftaufwand verschoben oder gekippt werden können. Bei Beton-, Zement- oder ähnlichen Bodenflächen gilt als Faustregel, dass der mit Erde gefüllte Pflanztrog ein Gewicht von mindestens 1,5 kN (150 kg) aufweisen muss. Bei glatten Belägen wie keramischen Platten oder Holzdielen, die insbesondere bei Nässe rutschiger sind, muss das Gefäss wesentlich schwerer sein.
Pflege der Bepflanzung
Durch die fachkundige Pflege der Pflanzen werden die Schutzwirkung und das Begrünungsziel nachhaltig sichergestellt. Dazu gehört auch der umgehende Ersatz von abgestorbenen Pflanzen.
Ein solcher Pflegeeinsatz kann zu kurzfristigen Einbussen der Schutzwirkung führen. Diesbezüglich ist der Einsatz eines Hilfszauns oder einer anderen gleichwertigen Massnahme nötig.
Unterschiedliche Schutzelemente
Im neuen Merkblatt werden andere Arten von Schutzelementen sowie die Anforderungen an deren Höhe, Festigkeit, Werkstoffe und Gestaltung ebenfalls thematisiert:
● Brüstungen sind geschlossene, massive Schutzelemente aus mineralischen Baustoffen wie beispielsweise Beton. An deren Festigkeit bestehen normative Anforderungen.
● Geländer müssen normative Anforderungen erfüllen und werden üblicherweise aus verschiedenen Elementen aufgebaut. Möglich sind Geländer ohne Füllung sowie Geländer mit offenen oder geschlossenen Füllungen.
● Zäune haben in erster Linie eine Funktion als Trennelemente und können als Nebeneffekt auch Gefahrenstellen anzeigen. Werden diese als Absturzsicherungen eingesetzt, müssen sie die gleichen Anforderungen wie Geländer erfüllen.
● Handläufe sind Festhalte- und Führungselemente, die sowohl auf Treppen als auch auf der Ebene Schutz vor Sturz bieten.
Risikobeurteilung im Einzelfall
Gemäss der normativen Vorgaben muss die Gefährdung durch Absturz auf ein akzeptierbares kleines Mass beschränkt sein – vollständig ausschliessen (Null-Risiko) lassen sich Gefährdungen jedoch nie. Die Beurteilung der Gefährdung durch Absturz ist insbesondere im Aussenraum oftmals nicht einfach und eindeutig. Bei Situationen, in denen sich Normanforderungen nicht angemessen vollumfänglich umsetzen lassen, kann eine situative Beurteilung mittels einer objektspezifischen Risikoanalyse hilfreich sein.
Weitere Informationen
Das vollständige Merkblatt «Absturzsicherungen in privaten Aussenräumen» von Jardin Suisse in Zusammenarbeit mit Metaltec Suisse und der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU finden Sie zum Herunterladen auf der Website von Jardin Suisse unter Fachbereich «Garten- und Landschaftsbau»